Vorwort
Ich wurde gebeten, in diesem Vorwort kurz zu beschreiben, wie ich zu dieser Geschichte kam. Nun, eine Geschichte schreiben, wollte ich schon recht früh, fand die Idee einfach schön. Die Idee selber kam mir aber erst im Frühsommer des letzten Jahres. Ich hatte die Geschichten mit Althea und dem Geschenke verteilenden Asura Arekk gelesen. Mir fiel dabei auf, dass es recht viele Geschichten mit Asura oder Menschen zu geben scheint bzw. dass viele Feiern auf Menschengebiet stattfinden. Deswegen wollte ich mal eine andere Rasse in den Mittelpunkt stellen. Also dachte ich mir damals, dass es eigentlich ganz nett wäre, einen Charr als Protagonisten zu nehmen, da es dort zum Wintertag doch einen kleinen Gegensatz gibt. Eine militärisch orientierte Rasse mit strikten Regeln steht einem Fest des Friedens und des Feierns gegenüber. Ich hatte auch noch eine andere Idee, aber die mit dem Charr gefiel mir besser. Also habe ich ein paar Ideen gesammelt, was unser Freund so alles erleben könnte, und habe auch das Konzept der vorherigen Geschichten übernommen, dass er zumindest jeweils eine Gegend besucht, in der eine spielbare Rasse vorherrscht. Und so ist dann die Geschichte entstanden, die Ihr nun lesen werdet.
Kapitel 1: Truppenalltag
Noch etwas schläfrig streckte sich Kor Zermalmkralle in seinem Bett und gähnte die Zimmerdecke über sich an. Dann gab er sich einen Ruck und stand entschlossen auf. Dabei vergaß er, dass er in dem Raum, wo er und der Rest des Trupps schliefen, ganz oben auf einem der Etagenbetten schlief, und fand statt Boden nur Luft unter seinen Füßen. Mit einem überraschten Fauchen landete er mit allen Vieren auf dem Boden.
Kor und der Rest des Trupps waren erst vor Kurzem in eine neue Kaserne in der Schwarzen Zitadelle umgezogen. An sich keine große Sache, aber bis dahin hatte Kor immer in den unteren Betten geschlafen, die oberen Etagen waren noch immer ungewohnt für ihn.
Zerma Geistzermalmer sah seinen Versuch aufzustehen und lachte leise: „Irgendwann kapierst du, dass du da ganz oben schläfst, und fällst nicht jeden Tag überrascht runter. Andererseits bist du ein guter Wecker.“ Damit erhob sie sich ebenfalls aus ihrem Bett, so wie der Rest des Trupps auch, die von Kors Fauchen aufgeweckt wurden. „Ich war doch nicht überrascht, ich mache das mit Absicht, damit ihr mal unter euren Decken hervorgekrochen kommt“, erwiderte Kor knurrend, wobei er das nicht wirklich ernst meinte.
Aus den Augenwinkeln beobachtete er Zerma. Sie war, wie er fand, eine sehr gutaussehende Charr, ihr Fell war glatt und hatte eine schöne, satte, goldbraune Färbung, ihre Hörner bogen sich schwungvoll um ihre kleinen Ohren und die Augen waren von einem zarten Grün.
Zerma schien seinen Blick zu spüren und schaute ihn an. Schnell drehte Kor seinen Kopf in Richtung Tür und ging in die Waschstube, wobei sein Schweif hin und her zuckte. Für Träumereien ist später noch Zeit, schalt sich Kor, und außerdem sind wir schon lange Freunde, warum sollte sich daran plötzlich etwas ändern.
In der Waschstube inspizierte er erst einmal sein Fell, seine Hörner und seine Zähne und reinigte sie ordentlich. Dann ging es in die Rüstungskammer. Dort ging er zu seinem Schrank und öffnete ihn. Darin waren drei Rüstungen zu finden. Eine für den Kampf, mit scharfen Kanten und vielen Stacheln, eine für das Training, die vor allem schwer war, um Kraft und Ausdauer aufzubauen, und eine Paraderüstung mit vielen Schnörkeleien und Verzierungen. Kor nahm die Trainingsrüstung, schloss den Schrank wieder, nahm sich noch ein paar Übungswaffen aus dem entsprechenden Schrank und ging raus auf den Übungsplatz.
Dort lag eine dünne Schicht Schnee und verwandelte den sonst braunen Platz in eine weiße und weiche Ebene. Kor sah sich versonnen den Platz vor sich an, noch vollkommen unberührt von Fußabdrücken und aufgewühlter Erde. Dann setzte er sich in Bewegung und stapfte durch den Schnee. Nach ein paar Schritten blickte er zurück und sah sich die Spur an, die er zurückgelassen hatte, die Krallenabdrücke, welche sich mit scharfen Kanten in die Schneedecke eingegraben hatten.
Nach und nach kam auch der Rest des Trupps raus und gruppierte sich für seine morgendlichen Übungen. Kor stand Garck Einauge gegenüber, einem Veteranen, der schon fast sein ganzes Leben in diesem Trupp verbracht hatte, und mit ein paar Übungsschwertern schlugen sie sich die Müdigkeit aus den Gelenken. Für einen unerfahrenen Beobachter sahen diese Duelle aus, als wollten sich die beiden tatsächlich gegenseitig durchbohren, aber für die Kämpfer waren dies nicht mehr als Aufwärmübungen. Kor hatte mal solche Kommentare gehört, von einem Sylvari und einem Menschen, und fragte sich seitdem, wie diese denn wohl trainierten.
„Hat ein gewisser Charr ein Auge auf eine gewisse Charrfrau geworfen, hmm?“, neckte Garck zwischen zwei Angriffen. „Ich weiß nicht, wovon du redest“, log Kor, wobei er sich unwillkürlich kurz nach Zerma umsah. „Ha, und schon schaust du Zerma hinterher“, lachte Garck leise. Dann nieste er einmal und knurrte weniger vergnügt: „Dieser verdammte Schnee, kann das Zeugs überhaupt nicht ab. Immer rutscht man darauf aus und ich muss davon immer wieder niesen!“ „Ach, so schlimm finde ich den Schnee nicht“, antwortete Kor. Er würde es niemandem verraten, aber er fand es sehr lustig, im Schnee mit seinen Pfotenabdrücken Muster zu hinterlassen. „Ja, ja, die Jugend“, rief Garck, bevor er anfing zu lachen und dann seinen Schild hob, um einen Angriff von Kor zu parieren. „Nutze deinen ganzen Körper und nicht nur deine Arme, auch wenn du in denen viel Kraft hast. Mit dem ganzen Körper hast du mehr Schwung und kannst schneller in eine neue Position übergehen“, korrigierte Garck Kor. So ging das etwa eine Stunde lang.
Nach den morgendlichen Übungen ging es dann zum Frühstück, wo eine ordentliche Portion würziges Flankenschnitzel auf alle wartete. Kor setzte sich mit seinem Teller an einen Tisch und fand sich Zerma gegenüber. „Wie findest du die neue Bude?“, fragte sie ihn. „Ganz in Ordnung, an sich ja kaum anders als die Alte, die Dinge und Wege sind nur ein wenig anders“, antwortete Kor leicht nervös. „Nur, dass ich oben schlafe, daran muss ich mich noch gewöhnen.“ Daraufhin lachte Zerma leise und Kor entspannte sich ein wenig.
„Hab gehört, unser Kommandant soll demnächst wieder neue Befehle bekommen“, meinte sie nach kurzer Zeit. „Wo hast du das denn gehört?“, fragte Kor überrascht. „Ach, Garck hat ein wenig geplaudert. Er ist doch gut mit unserem Kommandanten befreundet und der hat unserem Veteranen wohl ein paar Hinweise gegeben, was in nächster Zeit geplant ist,“ sagte Zerma, nachdem sie ihr zweites Schnitzel verputzt hatte. „Vielleicht geht es ja an die Front“, antwortete Kor hoffnungsvoll. „Möglich“, meinte Zerma, „aber in letzter Zeit sind die Geister doch etwas ruhiger als sonst. Hab von anderen Trupps gehört, dass die Geister fast schon friedfertig geworden sind.“ „Es sind Geister“, schüttelte Kor den Kopf, „die sind nicht friedfertig, ist vielleicht nur so ein Menschending oder nur eine neue Taktik.“ „Das wird es wohl sein“, meinte Zerma und widmete sich dann ihrem Steak mit Winterbeerensoße.
Nach dem Frühstück ging es wieder hinaus. Draußen vor der Kaserne erwartete sie schon ihr Kommandant.