Adventskalender 2021

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Die Drachenwacht, vielleicht berühmteste Gilde Tyrias, hat die Welt schon öfter gerettet, als so mancher Skritt zählen kann. Und sie sieht sich einer neuen Herausforderung gegenüber. Ein altbekannter Feind nutzt geschickt einen ihrer eigenen Pläne aus, um Zwietracht unter den Gildenmitgliedern zu säen.
Wie wird die Gilde darauf reagieren? Wie wird sie diesen Feind schlagen, der droht, alles zu vernichten, was so mühsam aufgebaut wurde? Und wie sieht dieser Plan aus, der die Drachenwacht droht auseinanderzureißen?
Die Geschichte beginnt im Auge des Nordens …

Kapitel 1: Das Auge des Nordens

Mit langsamen Flügelschlägen glitt Aurene hinab zu ihrem Hort im Auge des Nordens.
Sie hatte einen kleinen Jagdausflug gemacht. Das machte sie öfters – zum einen, um nicht ständig nur in ihrem Hort zu sein, zum anderen, um ihre Flügel nicht verkommen zu lassen und weil sie das Fliegen liebte, und zuletzt, weil sie den Geschmack von frischem Fleisch kaum widerstehen konnte. Nicht, dass sie wirklich fressen musste, um zu überleben. Ihre eigentliche Energie bekam sie durch die Absorption der Magie aus den Ley-Linien, aber wozu hatte man denn ein Maul voller Zähne und eine Zunge, die schmecken konnte, wenn man diese nicht hin und wieder mal benutzte?
Und von so einem Ausflug kehrte sie gerade wieder zurück.


‚Dieser Hirsch war wirklich ein Prachtexemplar‘, dachte sie, während die Erinnerung des Geschmacks auf ihrer Zunge noch nachhallte. ‚Sehr saftig und man hat die Kräuter der Gegend sogar schmecken können, von denen er sich ernährt hatte.‘
Beim Sinkflug achtete sie darauf, dass ihre Flügel nicht die Wände streiften. Sie würde zwar kaum mehr abbekommen als ein paar Kratzer, aber der Juckreiz bei diesen Wunden war für Aurene schon immer sehr unangenehm und eine Ablenkung gewesen.
Als sie sicher auf ihrem Hort gelandet war, gähnte sie. Ihr Maul klappte auf und die Zunge rollte sich langsam heraus. Ein leises Grollen entwich ihr. Dann rollte sie sich ein und schloss halb ihre Augen. Aus dieser Pose heraus beobachtete sie das Treiben um sich herum.


Im Auge des Nordens hatte sich viel getan. Als sie und die Drachenwacht am Anfang hier eingezogen waren, war es leer und trostlos gewesen. Der Wind hatte einsam durch die Hallen gepfiffen und nur ein paar Krähen waren hier zu finden gewesen. Inzwischen sah man ständig Sylvari, Charr, Zentauren, Menschen, Geister und gelegentlich sogar ein paar Skritt hier herumlaufen. Die Einsamkeit war aus dem Auge verbannt worden und rege Betriebsamkeit herrschte nun, wohin man auch blickte.
Links neben ihr hockte Bangar in seinem Käfig. Hin und wieder sprach sie mit ihm, teilweise aus Langeweile, teilweise weil sie hoffte, mit Jormag zu sprechen und Informationen über ihren Plan zu erhaschen. Aber es war ein zweischneidiges Gespräch, denn Jormag versuchte ihrerseits natürlich auch, Informationen aus Aurene herauszubekommen. Aurene war sich oft unsicher, wie viel sie verborgen halten konnte und wie viel sie unwissentlich doch preisgab, denn Jormag hatte viel mehr Erfahrung als sie und war in dieser Art von Gesprächen besonders talentiert. Aber zur Zeit schlief der von Eis ummantelte Charr eingerollt auf dem Boden der Zelle.


Etwas weiter hinten, auf der anderen Seite des Teiches, direkt vor Aurenes Hort, sah sie die Drachenwacht in einem lockeren Kreis herumstehen. Ihre Freunde, die alles taten, um Tyria zu retten, und die Aurene dabei halfen, ihre Aufgabe als Alt-Drache zu bewältigen; die ihr halfen, die Einsamkeit in ihrem Herzen zu mildern und ihr ein Gefühl von Zugehörigkeit gaben, unabhängig davon, was ihre Artgenossen der Welt schon angetan hatten.
Dass sie im Gegenzug ihre eigene Rasse der Alt-Drachen stark dezimierten, war für Aurene auf der einen Seite natürlich vollkommen verständlich, auf der anderen Seite hieß es aber, dass sie sich immer einsamer fühlte, denn trotz der Freundschaft zur Drachenwacht war Aurene immer noch ein Alt-Drache und somit in sehr vielen Belangen vollkommen anders als die Menschen oder Asura.
Sie wusste nicht viel über ihre eigene Rasse. Auch deswegen suchte sie immer wieder das Gespräch mit Jormag, um mehr über sich und die anderen ihrer Art herauszufinden.
Aber solange sie die Drachenwacht um sich hatte, konnte sie mit dieser Wissenslücke leben.

Kapitel 2: Drachenaufgaben

Aus halb geschlossenen Augen beobachtete Aurene weiter ihre Freunde. Sie schienen etwas zu diskutieren. Rytlock schüttelte immer wieder seinen Kopf. Caithe und Taimi waren anscheinend ziemlich aufgeregt.
‚Hmm, vielleicht besprechen sie eine weitere Mission und sind sich über die Details noch nicht einig‘, sinnierte Aurene. Aber sie würde sich nicht einmischen. Früher oder später würden sie auf sie zukommen und ihr mitteilen, wie das weitere Vorgehen aussehen sollte.


Aurene hatte sich aus diesen Gesprächen schon früh zurückgezogen, da sie für solche Sachen kein Auge hatte. Die ganzen Zwistigkeiten zwischen den verbündeten Rassen und dann auch noch teilweise innerhalb der Rassen selbst hatten sie nie wirklich interessiert.
Ihr Interesse galt anderen Dingen. Aurene hatte eine andere Aufgabe, die nur sie erledigen konnte, so wie jeder in der Drachenwacht seine eigenen Aufgaben hatte.
Aurene überwachte die Magie von Tyria, zumindest soweit sie es bisher konnte. Sie spürte die Ley-Linien auf und verfolgte sie mit ihren Sinnen, horchte auf Veränderungen. Jede Veränderung wurde untersucht. Aurene versuchte dann die Auswirkungen zu erkennen und zu korrigieren, wenn sie es für nötig erachtete.
Die Manipulation der Magie auf diese Art war für Aurene noch verhältnismäßig neu. Im Kleinen tat sie es jeden Tag, so nahm sie ständig etwas Magie auf, die ihre eigentliche Nahrung darstellte. Eine andere Art der Manipulation war die Brandmarkung, aber das hatte sie bisher nur einmal gemacht, bei Caithe. Und das sollte auch so bleiben. Es gab zwar immer wieder einige Mitglieder aus dem Orden der Kristallblüte, die darum baten, ebenfalls das Geschenk der Brandmarkung, wie sie es nannten, zu erhalten, aber Aurene weigerte sich strikt, dieser Bitte nachzukommen.


Dieses eine Mal hatte ihr gereicht und sie wollte auf keinen Fall in die Fußstapfen ihres Großvaters treten.
Aurene wollte niemanden mehr brandmarken, denn das würde bedeuten, diesen Leuten ihren Willen zu nehmen oder zumindest würde es Aurene in die Lage versetzen, es zu können. Und sie war sich noch nicht sicher, wie gut sie mit so einer Macht umgehen würde.
Eine andere Aufgabe bestand darin, den Völkern Tyrias ein Symbol der Hoffnung zu sein. Immer wieder flog sie deswegen zu Krisengebieten und half dort aus oder ließ sich einfach nur blicken. Die Orte, wo Aurene auftauchen sollte, bekam sie vor allem durch Braham und Caithe mitgeteilt, wobei sich Braham inzwischen auch schon zu eine Art Hoffnungssymbol entwickelte, zumindest für die Norn.


Und dann war da noch die Aufgabe um Bangar, beziehungsweise Jormag, aufzupassen. Über den Charr zu wachen, war einfach, da er nicht aus seinem Käfig kam, aber sie musste auch ihre Kameraden vor der Magie Jormags schützen, die der Alt-Drache immer wieder durch den Charr wirken ließ. Das Geflüster Jormags war nicht zu unterschätzen und es hatte schon die eine oder andere Streiterei gegeben, als Aurene nicht zugegen war und Jormag daraufhin versuchte, die Leute zu manipulieren. Zum Glück konnte bisher alles wieder gerade gerückt werden, aber es zeigte eben, dass Aurene in ihrer Wachsamkeit nicht nachlassen durfte.
Wieder schaute sie zu dem Charr im Käfig hinüber. Er war inzwischen aufgewacht und blickte sich gelangweilt um. Als sich ihre Blicke trafen, tat Bangar so, als wäre Aurene nur eine unter vielen, die seiner Aufmerksamkeit nicht würdig wäre.


Aurene, inzwischen müde durch den Hirsch im Magen, versuchte gar nicht erst, ein Gespräch zu führen, und begab sich in einen Dämmerzustand, um in Ruhe verdauen zu können und sich ganz der Magie der Welt zu öffnen.

Kapitel 3: Abfuhr

Ein paar Tage vergingen, in denen nichts Gravierendes geschah. Ein paar Besucher kamen, um Aurene zu sehen. Sie nannten es Pilgerreise. Aurene versuchte, solche Treffen so schnell wie möglich hinter sich zu bringen, oder tat so, als würde sie schlafen, wenn diese Pilger zu ihr kamen und ihr huldigten, als wäre sie ein allmächtiges Wesen.
Sie hatte die Drachenwacht auch schon darauf angesprochen, aber der Kommandeur hatte gemeint: „Aurene, diese Leute sehen in Dir die einzige Hoffnung auf Frieden. Sie klammern sich daran. Lass sie einfach ein paar nette Worte über Dich sagen, wenn sie da sind. Du musst ja selbst nicht reden, aber viele Leute würden sonst innerlich zerbrechen, wenn ihnen ihre Hoffnung, Aurene, der Kristalldrache, die für den Erhalt Tyrias kämpft, genommen würde.“


Sie hatte sich dieser Entscheidung gebeugt, aber begeistert war sie davon keinesfalls.
Ebenfalls wenig begeistert war sie davon, dass ihre Freunde sich in den letzten Tagen zwar immer wieder getroffen hatten, teilweise auch wild zu diskutieren schienen, aber sie noch immer nicht einbezogen hatten. Normalerweise dauerte es nur ein oder zwei Tage, dann traten sie an sie heran, aber nun war schon über eine Woche vergangen. Und gerade dann, wenn ihre Freunde sich anscheinend nicht einig werden konnten, wäre eine zusätzliche Meinung doch bestimmt hilfreich.


Sie entschied sich, nicht länger darauf zu warten, dass man um ihre Meinung bat, sondern beim nächsten Treffen selber heranzutreten. Sie hatte sich lange genug in Geduld geübt.
Es war am späten Nachmittag des nächsten Tages, als sie sah, wie ihre Freunde sich wieder trafen. Gemächlich machte sie sich auf den Weg zu ihnen. Schon von Weitem hörte sie ihre aufgeregten Stimmen. Bevor sie jedoch Genaueres hören konnte, wurde Caithe auf sie aufmerksam. Sofort verstummte jeder von ihnen und schaute Aurene an, die langsam näher kam.

„Meine Freunde“, begann Aurene, „ich kam nicht umhin zu sehen, dass Ihr seit mehreren Tagen nicht zu einer Einigung zu kommen scheint. Vielleicht könntet Ihr mir sagen, um was es geht. Eine weitere Meinung könnte das Problem, was auch immer es ist, möglicherweise lösen.“
„Oh, hallo Aurene, das, äh ... ist nett gemeint, aber wir sind uns eigentlich gerade, äh … einig geworden“, stammelte Braham und kratzte sich am Kopf, während er betreten zu Boden sah.
Taimi sprang ihm bei: „Ja, ja genau, kein Problem mehr, Aurene, hahaha, war sowieso nichts Spannendes. Du weißt schon, wir haben nur über äh … Oberflächenkohäsion bei Magieeinwirkung gesprochen und – hmm … die optimalen Primärrouten für die, äh ... Nahrungsversorgung der Truppen … haha, ja, so Zeugs halt …“
Die anderen gaben zustimmendes Gemurmel von sich oder nickten einfach nur, aber Aurene merkte schon, dass sie hier nicht erwünscht war. Worüber es auch immer ging, ihre Freunde wollten nicht, dass sie etwas davon mitbekam.


Etwas gekränkt über diese offensichtliche Abfuhr ging sie wieder zurück zu ihrem Hort, sagte aber noch: „Dann bin ich ja froh, dass Ihr euch doch noch einigen konntet. Wenn Ihr meine Hilfe braucht, sagt mir einfach Bescheid.“
Die Drachenwacht lächelte etwas gequält und steckte dann wieder ihre Köpfe zusammen.

Kapitel 4: Jormag

Mit einem Schnaufer legte Aurene sich wieder hin und schielte weiter auf ihre Freunde, die sich jetzt aber weiter zurückzogen, bis sie um eine Ecke gingen und damit außer Sicht waren. Ein kleines Grollen entwich ihr, was Bangar aufweckte, der sich nun in seinem Käfig rührte.


Mit verschlafenen Augen begutachtete er seine Umgebung und Aurene. Er streckte sich gerade, als ein kleiner Ruck durch seinen Körper ging. Er richtete seine Augen, die jetzt noch blauer wirkten als sonst schon und irgendwie leicht hypnotisierend waren, auf Aurene und sprach: „Großnichte, wie geht es Dir heute?“
Diese antwortete schnaubend: „Wie schön, dass wenigstens eine mit mir reden mag, auch wenn nur Du es bist, Jormag.“
„Ich rede immer wieder sehr gerne mit Dir, Aurene, schließlich sind nicht mehr viele von unseresgleichen übrig, dank Deiner kleinen Freunde“, erwiderte Jormag durch Bangar und nickte in die Richtung, in welche die Drachenwacht verschwunden war.
„Ihr habt aber nicht gerade dazu beigetragen, dass man euch anders behandelt“, meinte Aurene.
Jormag schüttelte bedauernd den Kopf: „Ich muss leider zugeben, dass Du recht hast, Großnichte. Unsere Brüder waren Rüpel und haben es nicht anders verdient. Aber Du und ich, wir sind anders als sie. Wir mögen beide keine Gewalt und ziehen den Frieden vor.“
„Dein Frieden ist nicht mein Frieden, Jormag. Du redest erst von Frieden, wenn alles unter Deiner Kontrolle ist“, erwiderte Aurene.
„Weil diese Kontrolle nötig ist, Großnichte. Dieses Land braucht eine Führung. Du siehst doch selber, wie zerrüttet es ist. So viele Völker, so viele Meinungen, die zu so vielen Streitereien und Kriegen führen. Wenn ich sie unter meine Kontrolle bringe, werden ihre Meinungen eins sein, es wird keinen Streit mehr geben, keinen Krieg und keinen gewaltsamen Tod“, antwortete Jormag.
Aurene schnaubte wieder: „Ach, lassen wir doch diese Spielchen. Wir wissen beide, dass das zu nichts führt. Wieso tauchst Du gerade jetzt auf?“
„Ich habe mir Sorgen um Dich gemacht, Großnichte. Ich kam nicht umhin zu bemerken, dass Du ein klein wenig verstimmt bist. Und das macht mich traurig, denn schließlich bist Du ein Teil der Familie.“
„Die Drachenwacht ist meine Familie, Jormag, nicht die Alt-Drachen“, sagte Aurene energisch.
„Und doch haben gerade diese Leute Dich verletzt, haben Dich abgewiesen und gekränkt zurückgelassen. So etwas tut man in einer Familie nicht, man hat keine Geheimnisse voreinander“, antwortete Jormag.
„Sie haben mich nicht abgewiesen, sie hatten sich nur gerade dann geeinigt, als ich meine Hilfe anbieten wollte“, erwiderte Aurene wütend.

Jormag schüttelte wieder den Kopf: „Ach, Aurene, Du musst dich doch nicht selber belügen, um Deine Freunde in Schutz zu nehmen. Du kannst ruhig ehrlich zu mir sein. Ich will Dir doch nichts Böses, Großnichte.“
Über diese Bemerkung lachte Aurene erheitert: „Nein, Jormag, Du hast nichts Böses vor. Frieden ist Dein Ziel, aber um diesen Frieden zu bekommen, würdest Du ganze Nationen auslöschen, Kulturen und Meinungen unterdrücken und alles unter Eis begraben.“
Jormag überging diesen Kommentar und meinte: „Und schon bist Du wieder etwas besser gelaunt, Großnichte, das freut mich zu hören. Nimm dir das Verhalten Deiner Freunde nicht zu sehr zu Herzen. Sie sind eben nicht wie Du oder ich. Aber sie sind Deine Freunde und das respektiere ich.“

Kapitel 5: Bedenken

Es vergingen wieder einige Tage. Ihre Freunde sah Aurene zur Zeit kaum, ständig schienen sie unterwegs zu sein. Wenn Aurene dann doch mal mit ihnen sprach, konnte sie vorher nie sagen, wie ihre Freunde reagieren würden. Es gab ganz normale Gespräche und sie lachten und diskutierten freudig und heftig. Bei anderen Gelegenheiten schien Aurene sie bei etwas zu ertappen, wovon sie offenbar gar nichts wissen sollte, und die Drachenwacht versuchte dann, die Gespräche so schnell wie möglich zu beenden. Dieses Verhalten stimmte Aurene traurig und oft lag sie auf ihrem Hort und überlegte, was dieses Verhalten hervorgerufen haben könnte.
Jormag bemerkte natürlich Aurenes Zustand und sprach öfter mit ihr.


„Nun, Großnichte, wie geht es Dir heute?“, fragte der Alt-Drache des Eises, nachdem Aurene von einem der seltsamen Gespräche zurückgekommen war.
Der Kristalldrache seufzte: „Es ist merkwürdig. Rytlock, der Kommandeur, ja selbst Caithe benehmen sich manchmal so komisch. Mal bin ich erwünscht, ein anderes Mal sind sie peinlich berührt und haben wohl Angst, dass ich irgendetwas gehört habe könnte, was ich nicht hören sollte …“
„Menschen, Charr, Asura, Norn, selbst die Sylvari, Abkömmlinge eines Alt-Drachen – sie alle sind merkwürdig, Großnichte. Sie sind keine Alt-Drachen, so wie Du und ich. Sie denken anders, handeln anders, leben anders. Sie können unsere Gedanken nicht nachvollziehen und wir die ihren nur mit Mühe. Wir leben Jahrtausende, erleben unzählige Zeitalter, während sie sich glücklich schätzen können, wenn sie ein einziges Jahrhundert lang überdauern.“
Jormag schüttelte bedauernd den Kopf und fuhr fort: „Ihr Leben ist so kurz, deswegen denken sie auch nur so kurz, anders als wir, Großnichte. Du bist noch jung, sehr jung. Du wirst erst noch erkennen, was das für unsereins bedeutet, aber ich hoffe für Dich, dass dieser Tag der Erkenntnis noch weit in der Zukunft liegt. Achte auf Deine kleinen Freunde, Aurene. Achte darauf, dass sie nicht den falschen Pfad einschlagen im Bestreben, das Richtige zu tun.“
„Sie wissen, was sie tun, Jormag“, antwortete Aurene.
„Ich hoffe, Du hast recht, aber es ist nicht von der Hand zu weisen, dass sie sich Dir gegenüber anders benehmen als sonst. Du sollst ihnen ja nicht nachspionieren, aber als ihre Freundin ist es da nicht Deine Pflicht, darauf zu achten, dass sie auf dem richtigen Pfad bleiben? Beobachte sie, nur aus der Ferne, und sieh, was sie machen. Wenn man sich Sorgen macht, ist es nicht falsch, seinen Freunden helfen zu wollen, Großnichte“, erwiderte Jormag ruhig.
Aurene seufzte wieder: „Es fühlt sich falsch an, wenn ich meine Freunde ohne ihr Einverständnis beobachte.“
Dazu meinte Jormag: „Aber noch falscher wäre es, nichts zu tun, wenn sie im Begriff sind, vom Weg abzukommen.“


Müde und von den wiederholten Abfuhren ihrer Freunde traurig sagte der Kristalldrache: „Vielleicht hast Du ja recht, Jormag. Vielleicht sind sie im Begriff etwas zu tun, was sie nicht tun sollten. Und wenn ich sie aufhalten könnte, dann sollte ich es wohl auch tun, denn immerhin sind sie meine Freunde.“
„Immerhin sind sie Deine Freunde, Großnichte“, wiederholte Jormag zufrieden und ein leichtes Lächeln huschte über das Gesicht von Bangar.

Kapitel 6: Entscheidung

Die nächsten beiden Tage beobachtete Aurene ihre Freunde etwas genauer. Immer wieder besprachen sie in kleiner oder großer Runde etwas.
Aurene lernte anhand ihrer Gestik und Körperhaltung zu erkennen, wann es in Ordnung war, an sie heranzutreten und ganz normal mit ihnen zu reden und wann sie jenes Thema aufgriffen, bei dem sie Aurene keinesfalls teilhaben lassen wollten. Diese Gespräche beobachtete sie dann ganz genau – sofern Aurene sie denn mitbekam. Allerdings bekam sie so nur mit, dass es wohl immer noch Schwierigkeiten gab. Und es ging wohl um Aurene, denn immer wieder schauten ihre Freunde dann zu ihr hinüber und beobachteten sie ihrerseits ein paar Sekunden.


Aurene wollte nur zu gerne wissen, warum sie ausgeschlossen wurde, wenn es doch anscheinend um sie ging. Jormag hatte dazu natürlich eine eigene Meinung: „Sie beobachten Dich, weil Du ein Alt-Drache bist, Aurene, so wie Zhaitan, so wie Mordremoth, wie Primordus und ich. Du magst in Deinen Freunden vielleicht nichts weiter sehen als Deine Freunde, aber sie sehen in Dir nicht nur eine Freundin, sondern auch einen Alt-Drachen mit unvorstellbarer Macht. Und ihre bisherigen Erfahrungen mit uns Alt-Drachen machen sie natürlich vorsichtig, auch Dir gegenüber.“
Das war nicht von der Hand zu weisen, musste Aurene zugeben, und ihre Bedenken gegenüber ihren Freunden wurden etwas stärker.
Jormag redete jetzt täglich mit Aurene, oft mehrmals, und die Gespräche wurden immer länger. Der Alt-Drache bestärkte Aurene in der Ansicht, dass mit ihren Freunden etwas nicht stimme, und schlug Stück für Stück vor, ihren Freunden hinterherzufliegen, wenn sie das Auge des Nordens verließen – nur, um sich zu vergewissern, dass sie nicht im Begriff waren, etwas Falsches zu tun.


Schließlich meinte Aurene: „Du hast ja recht, Jormag, sie verhalten sich wirklich merkwürdig, und ein kleiner Ausflug, bei dem ich zufällig Braham oder Rytlock sehe, schadet ja auch keinem.“
„Richtig, Großnichte, die Welt ist klein und man trifft sich öfter, als man denkt“, stimmte ihr Jormag zu.
Gerade wollte Aurene losfliegen und ihrer Entscheidung Taten folgen lassen, als Caithe wie aus dem Nichts auftauchte. Aurene war über diese Fähigkeit von ihr immer wieder überrascht. Natürlich hätte sie Caithe spüren können über die Magie der Brandmarkung, aber das unterließ sie bewusst, schließlich war sie nicht Kralkatorrik.
Etwas außer Atem sagte Caithe zu ihr: „Aurene, wir brauchen Deine Hilfe bei der Evakuierung eines Dorfes in der Nähe der nordöstlichen Kriegsfront.“


Sofort war Aurene ganz Ohr für dieses Problem und ihr Beobachtungsflug rückte weit nach hinten: „Natürlich werde ich helfen, Caithe. Steig auf und zeige mir den Weg.“
Gemeinsam machten sich die beiden auf den Weg zum besagten Dorf und ließen Jormag grollend zurück.
Ein Schauer ging durch den Körper des Charrs und dann sagte Bangar noch leise, bevor er sich zum Schlafen legte: „Verdammter Alt-Drache, das gibt wieder Kopfschmerzen. Aber schlau ist dieses Schuppenvieh alle Mal.“

Kapitel 7: Überredung

Es war spät in der Nacht, als Aurene wieder zu ihrem Hort zurückkehrte. Im Auge war es still, nur ein paar Nachtschwärmer waren noch unterwegs. Schnell rollte sich Aurene zusammen, tauchte tiefer in das Gefüge der Magie ein und fiel in ihre Trance.


Am nächsten Morgen blickte Bangar mit seinen kalten Augen zu Aurene, als diese noch immer schlaftrunken blinzelte: „Guten Morgen, Großnichte.“
Aurene wandte sich dem Käfig zu: „Jormag, so früh heute. Du lässt Deiner Marionette kaum Zeit für sich. Was willst Du?“
„Nur ein wenig plaudern, mehr nicht. Und fragen, wie die Rettung dieser handvoll Norn verlief.“
„Als ob es Dich interessieren würde, was mit diesen Norn geschieht. Aber sie verlief gut, wir konnten das gesamte Dorf retten. Deine Lakaien werden nur verlassene Häuser vorfinden“, erwiderte Aurene.
„Du tust mir Unrecht, Großnichte. Meine Lakaien, wie Du sie nennst, kamen zur Rettung, ebenso wie Du. Diese Norn leben an einem gefährlichen Ort und ich wollte sie nur zu einem besseren Ort bringen“, antwortete Jormag.
„Zu Dir, wo Du sie unter Deine Kontrolle bringen wolltest, aber wir kamen Dir zuvor“, meinte Aurene stolz.
„Das seid Ihr, meinen Glückwunsch. Ihr habt das Leid dieser Dorfbewohner verlängert und das Unausweichliche nach hinten verschoben.“
Der Kristalldrache antwortete: „Wir haben Leid verhindert, Jormag, und das Ende, wie Du es Dir vorstellst, werden wir ebenfalls verhindern.“
„Nun, wie dem auch sei, willst Du denn gleich wieder losfliegen, um Deine Freunde zu beobachten?“, fragte der Alt-Drache des Eises.
„Nein, Jormag, auf dem Weg zum Dorf und zurück hatte ich Zeit zum Nachdenken und ich vertraue meinen Freunden. Sie mögen mir etwas verheimlichen, aber das tun sie sicherlich nur zu meinem Besten.“
„Oder zu ihrem Besten. Wie ich schon sagte, Du bist ein Alt-Drache und dementsprechend mächtig. Sie mögen Dich aufgezogen haben, aber sie spüren, wie Du mit jedem Tag stärker wirst. Ich an ihrer Stelle wäre vorsichtig und würde den einen oder anderen Plan im Hinterkopf behalten, nur für den Fall, dass Du irgendwann einmal nicht ihrer Meinung bist und diese auch durchsetzen willst“, knurrte Jormag durch Bangar.
Aurene knurrte zurück: „Sie wissen, dass ich meine Macht nicht missbrauchen würde.“
„Du weißt es vielleicht, doch die Sterblichen denken anders, Großnichte. Wenn Du so sicher bist, dass ich falsch liege, dann beweise es mir doch. Überzeuge dich von ihren Plänen, beobachte sie, und wenn sie wirklich nichts gegen Dich planen, werde ich zugeben, dass ich falsch lag. Wenn sie aber doch etwas planen, nun, dann war es gut, dass Du sie beobachtet hast. So oder so, Du kannst nur gewinnen, Aurene. Nur, wenn Du nichts tust, dann verlierst Du“, versuchte Jormag sie wieder zu überzeugen.


Diese Worte klangen schon irgendwie einleuchtend für Aurene. Sie würde Jormag beweisen, dass ihre Freunde nichts Unlauteres im Sinne hatten und so zeigen, dass die Drachenwacht stärker war als Jormags Versuche, einen Keil zwischen sie und die anderen zu treiben.
„Na gut, Jormag, ich werde doch wieder beobachten und Dir beweisen, dass Du falsch liegst“, meinte sie zum Charr und legte sich dann hin.
Jormag lächelte leise und ließ dann von Bangar ab.

Kapitel 8: Zerstreuung

Am nächsten Tag fragte Aurene ein paar vorbeilaufende Seraphen-Soldaten, ob sie wüssten, wo die Mitglieder der Drachenwacht gerade seien. Die Soldaten entschuldigten sich, da sie leider nur wussten, wo sich die Detektivin Marjory Delaqua und Fürstin Kasmeer Meade aufhielten. Sie zeigten Aurene ein kleines Dorf, etwas entfernt vom Auge des Nordens, und meinten noch, dass dort besonders viele Handwerker zu Hause wären. Der Kristalldrache bedankte sich bei ihnen und machte sich auf, die beiden zu finden.
Anfangs hatte Aurene noch vorgehabt nur zu beobachten, doch über Nacht hatte sie entschieden, dass es auch nicht falsch wäre, ein paar Fragen zu stellen.


Beim Dorf angekommen, wartete sie an dessen Rand. Sie hätte kaum durch die Straßen und Gassen laufen können, ohne alles Mögliche einzureißen, und die Bewohner würden Marjory und Kasmeer bestimmt sofort sagen, dass Aurene hier wäre. Also musste sie einfach nur warten. Sie schaute sich die Häuser an und bemerkte, dass viele von ihnen verziert waren. Überall sah man Bilder an den Wänden oder den Tür- und Fensterrahmen. Vögel, Pflanzen, Wölfe und viele andere Tiere waren zu sehen, andere zeigten Kampfszenen oder schöne Landschaften. Dass in diesem Dorf Handwerker zu Hause waren, war überall deutlich zu erkennen.
Nach wenigen Minuten kamen Marjory und Kasmeer um eine Ecke gelaufen und traten auf Aurene zu.
„Aurene, was machst Du denn hier?“, fragte Marjory überrascht, aber auch erfreut.
„Um ehrlich zu sein, bin ich etwas verwirrt. Ich habe Fragen und ich hoffe, dass Ihr sie mir ehrlich beantworten werdet“, erwiderte sie, froh über die Freundlichkeit der beiden.
„Oh, Aurene, wenn Du Sorgen hast, kannst natürlich jederzeit mit uns reden“, meinte Kasmeer und streichelte sanft den Hals ihrer geschuppten Freundin.
Der Kristalldrache überlegte spontan, wie sie dieses Thema beginnen konnte, hatte sie doch vergessen, vorher darüber nachzudenken, aber mehr als der direkte Weg fiel ihr nicht ein: „Nun ja, also, ich habe das Gefühl, dass Ihr mir in letzter Zeit etwas verheimlicht.“
„Ach, Du meinst diese kleinen Treffen zwischen uns Zweibeinern?“, antwortete Kasmeer lachend. „Da gibt es wirklich nicht viel zu sagen. Wir reden da über alles Mögliche. Taimi über alle möglichen neuen Erfindungen, Rytlock knurrt nur vor sich hin und Caithe versucht alle Sticheleien zu unterbinden.“
„Hmm, aber wieso wollt Ihr mich dann immer wieder loswerden?“, fragte Aurene weiter.
Das Pärchen schaute sich einmal kurz an und dann sagte Marjory beschwichtigend: „Es geht um eine etwas verzwickte Planung, verschiedene Meinungen, Politik und so Kram. Wir wissen doch, wie gut Du damit zurecht kommst, und wollten Dich deswegen davon fernhalten.“
„Ach, jetzt guck doch nicht so komisch, Aurene. Wenn wir mit der Planung etwas weiter sind, kommen wir zu Dir, so wie sonst auch“, fügte Kasmeer noch hinzu. „So, und jetzt ab, meine große Freundin, wir haben hier noch zu tun und das schaffen wir nicht, wenn wir hier ein nettes Pläuschchen miteinander abhalten.“
Augenzwinkernd verabschiedeten sich die beiden und Aurene flog frohen Herzens zurück.


Erst zurück im Hort merkte sie langsam, dass die beiden ihre Fragen nicht wirklich beantwortet hatten. So freundlich Kasmeer und Marjory auch gewesen waren, hatte Aurene doch wieder eine Abfuhr erhalten.

Kapitel 9: Störung

Nach einem weiteren Gespräch mit Jormag entschied sich Aurene, es als nächstes bei Taimi zu probieren. Und dieses Mal, so nahm sie sich vor, werde sie sich nicht so leicht ablenken lassen, sondern auf richtige Antworten beharren.
Aurene fand Taimi in einem Labor, das an das Auge des Nordens angrenzte. Vorsichtig schlängelte sie sich durch diverse Konstruktionen, bis sie sich nicht mehr weiter wagte. Aber es reichte, um mit Taimi zu reden, die an einer Werkbank beschäftigt war.


„Hallo Taimi“, begann Aurene das Gespräch.
Diese schreckte von ihrer Arbeit auf, irgendetwas mit langen Kabeln und vielen Lichtern, und schaute überrascht nach hinten: „Aurene, tut mir leid, ich hab gar nicht bemerkt, dass Du da bist.“
Sie beäugte misstrauisch die Geräte rund um Aurene. „Ich habe aufgepasst, Taimi, es ist noch alles in Ordnung“, beschwichtigte der Kristalldrache die kleine Asura.
„Das ist gut, ich habe so schon genug zu tun. Reparaturen passen gerade überhaupt nicht in meinen Zeitplan“, sagte Taimi und wandte sich wieder der Werkbank zu.
„Ich habe auch nicht vor, Dich lange zu stören. Ich wollte nur ein, zwei Fragen stellen“, meinte Aurene. „Es geht um Eure kleinen Treffen, bei denen ich nicht erwünscht bin. Ich wollte nur wissen, warum das so ist.“
Taimi stockte kurz in ihrer Arbeit, nahm sie aber sogleich wieder auf. „Äh, können wir später darüber reden, Aurene? Du siehst ja, dass ich hier gerade ziemlich beschäftigt bin und diese Frage zu beantworten, dauert doch etwas länger.“
„Ein oder zwei Sätze würden schon ausreichen, Taimi“, versuchte sie es wieder.
„Später, Aurene, versprochen. Ich muss mich hier jetzt wirklich konzentrieren“, antwortete die Asura bestimmt.
„Aber …“
„Bitte, Aurene, wenn Du nicht weißt, wie man einen Kühlreaktor an eine Ley-Linien-Platine anschließt, ohne dass der Rückstoßkondensator durchbrennt, störst Du gerade eher“, sagte Taimi und fügte dann noch hinzu: „Nicht böse gemeint, meine Liebe, aber ich muss dieses Teil hier heute noch fertig bekommen.“
Gerade wollte sie noch einen Versuch starten, als Aurene spürte, wie jemand an eines ihrer Beine klopfte. Ungelenk drehte Aurene den Kopf und sah Caithe neben sich stehen.
„Ich habe Dich schon überall gesucht, Aurene, wir könnten wieder Deine Hilfe brauchen. Die Eisbrut bedroht wieder ein Dorf.“


Zu Taimi hinüberschielend überlegte der Kristalldrache, was sie jetzt tun sollte. Einerseits wollte sie Antworten haben, aber Taimi war zu sehr mit was auch immer beschäftigt, und andererseits brauchte Caithe sie.
Resigniert zog sich Aurene langsam aus dem Gewirr der Geräte heraus und folgte Caithe auf einen freien Platz.
„Tut mir leid, dass ich Euer Gespräch unterbrochen habe, Aurene, aber diese Eisbrut lässt uns einfach keine Ruhe“, entschuldigte sich die Sylvari bei ihr.
„Ach, nicht so schlimm, Caithe. Taimi war sowieso zu sehr beschäftigt. Also, in welche Richtung?“, erwiderte sie freundlich.
Caithe zeigte in eine Richtung und Aurene flog los.

Kapitel 10: Befürchtung

Als Aurene wieder zurück im Auge war, schlief Bangar. Dafür war sie sehr dankbar, denn gerade war ihr überhaupt nicht zum Reden zumute. Sie musste nachdenken und ein nörgelnder Charr oder ein Drache ohne Moral waren dabei nur störend.
Aurene ging im Kopf die letzte Zeit durch, dachte darüber nach, was sie erlebt und erfahren hatte. Über die Alt-Drachen, über Jormag, über ihre Aufgaben, ihre Freunde. Bisher unbekannte Gefühle waren in ihr aufgetaucht und diese musste der Kristalldrache erst einmal erkunden und verstehen, bevor sie weitere Entscheidungen treffen wollte.


Aber ihr sollte nicht viel Zeit zum Nachdenken beschieden sein, denn es verging vielleicht eine Stunde, bis der Charr erwachte, ein Zittern durch ihn ging und Jormag wieder anwesend war.
Jormag beobachtete Aurene ein wenig und sprach sie nach einer Weile an: „Guten Tag, Großnichte.“
Aus ihren Gedanken gerissen blinzelte Aurene etwas desorientiert, besann sich aber und antwortete: „Jormag, mir ist gerade nicht nach Plaudern, komm später wieder.“
„Es ist kaum zu übersehen, dass Du wieder einmal Kummer hast, und wer wäre ich denn, wenn ich meiner Familie nicht helfen würde?“, erwiderte der Alt-Drache des Eises.
„Ich will Deine Hilfe aber nicht“, schnaubte Aurene und drehte sich weg.
„Du kränkst mich, Großnichte, ich will doch nur das Beste für Dich. Was bereitet Dir Kummer? Ist es der Krieg? Die Streitigkeiten zwischen Deinen Verbündeten? Oder sind es Deine Freunde, die Dich meiden?“
„Freunde, die mich meiden, die meine Fragen nicht beantworten und mich immer wieder ablenken wollen. Sie sind meine Freunde, aber sie verhalten sich so komisch“, begann sich Aurene nun doch zu beklagen.
Jormag antwortete: „In der Tat, so ein Verhalten zeugt nicht gerade von Freundschaft, Großnichte. Ihre Gedanken scheinen sich Dir gegenüber gewandelt zu haben und das nicht zum Positiven.“
„Aber weswegen? Was habe ich falsch gemacht, dass sie mich fernhalten wollen und mich von etwas immer wieder ablenken wollen?“, klagte Aurene weiter.
„Du hast nichts Falsches getan, Großnichte, rede Dir das nicht ein. Deine Freunde haben nur erkannt, was Du bist und was das bedeutet. Ein Alt-Drache ist eine potenzielle Gefahr für sie. Sie haben Angst vor Dir, weil Du bist, was Du bist, Aurene.“
„Das wussten sie von Anfang an. Sie haben mich großgezogen und gelehrt, was richtig und was falsch ist“, sagte der Kristalldrache.
„Sie haben Dich aufgezogen, wie sie einen der ihren aufziehen, aber Du bist keiner von ihnen, Aurene. Du bist ein Alt-Drache. Sie haben es erkannt, nun musst auch Du es erkennen und verstehen, was es wirklich bedeutet. Die Freundschaft zwischen diesen sterblichen Völkern ist eine vollkommen andere als die zwischen uns, die wir so viel Macht haben.
Du hattest eine freudige Zeit mit ihnen, doch diese Zeit neigt sich dem Ende. Eure Freundschaft bröckelt und das nur, weil Du ein Alt-Drache bist, Aurene“, meinte Jormag bestimmt.
„Nein, Jormag, das kann ich nicht glauben, das will ich nicht glauben. Es muss eine andere Erklärung dafür geben“, antwortete Aurene etwas verzweifelt.
„Arme, kleine Aurene, Du klammerst dich an Deine Freunde, die Dich aber schon lange verlassen haben. Es schmerzt mich, Dich so zu sehen, aber ich sehe, dass Du noch nicht bereit bist zu erkennen, wie die Realität aussieht“, meinte der Alt-Drache und ließ einen knurrenden Charr und eine traurige Aurene zurück.

Kapitel 11: Befragung

Trotz ihrer Zweifel wollte Aurene ihre Freunde nicht aufgeben. Bei Kasmeer und Marjory hatte sie schon versucht, Antworten zu finden, ebenfalls bei Taimi. Caithe bekam sie nur zu Gesicht, wenn sie Aurenes Hilfe benötigte. Da war keine Zeit, Fragen zu stellen. Also blieben noch Rox, Rytlock, Braham und der Kommandeur übrig.


Sie fragte nach dem Kommandeur, aber keiner der Soldaten im Auge wusste, wo dieser sich gerade aufhielt.
Aurene fragte gerade nach den anderen, als Rox aus dem Portal auftauchte. Sie sah Aurene bei den Soldaten und hörte, wie der Drache nach ihr fragte. Rox wollte sich vorbeischleichen, aber einer der befragten Soldaten sah sie und zeigte auf die Charr.
Aurene ging zu ihr und meinte: „Rox, gut dass Du hier bist. Ich habe gerade nach Dir gefragt.“
Rox, die spürte, dass das ein unangenehmes Gespräch werden könnte, sagte verlegen: „Ja, also … nun, da bin ich, haha, aber ich muss auch leider gleich wieder weg. Wollte nur kurz ein paar Informationen für die Olmakhan sammeln. Du weißt schon, Botengänge und so.“
„Ich werde Dich nicht lange aufhalten. Ich möchte nur wissen, wieso Ihr mich in letzter Zeit meidet. Die ganze Drachenwacht scheint etwas zu planen, ständig seid Ihr unterwegs, aber mich lasst Ihr außen vor. Ich bin doch auch ein Teil der Drachenwacht, oder nicht?“, fragte Aurene angespannt.
„Aber natürlich bist Du ein Teil der Drachenwacht, Aurene, wieso denn auch nicht? Wir sind nur gerade mit etwas Großem beschäftigt“, antwortete Rox etwas befangen.
„Kasmeer und Marjory sprachen nur von Kleinigkeiten“, entgegnete Aurene.
„Ach ja, das, äh, kann ja auch stimmen, weil … das für sie vielleicht auch nur Kleinigkeiten sind, aber für mich ist es groß … Ja, so wird es sein …“, versuchte sich Rox herauszuwinden.
„Nun, wenn es für Dich etwas Großes ist, dann kannst Du doch sicherlich meine Hilfe brauchen“, erwiderte der Kristalldrache.
„Oh, äh, klar … ähm, danke für das Angebot, aber da müsste ich erst den Kommandeur fragen, ob das klar geht … haha“, antwortete die Charr weiterhin sehr verlegen.
„Wo ist der Kommandeur überhaupt? Seit Tagen habe ich ihn hier schon nicht mehr gesehen und von den Soldaten weiß auch keiner wo er steckt“, bohrte Aurene weiter nach.
„Ach, der Kommandeur, der, äh, ist gerade viel unterwegs. Hier aushelfen, da ein freundliches Lob aussprechen, ein paar alte Bekannte zusammenrufen für das große …“ Plötzlich schlug sich Rox auf den Mund und kratzte verlegen mit ihren Krallen.
Aurene schaute sie weiter an und fragte: „Für das große was? Und welche Bekannten?“
„Ach, nichts. Gar nichts, vollkommen unwichtig, mach Dir darüber keinen Kopf, Aurene. Wir haben alles im Griff, wirklich“, lachte Rox schrill auf. „So, ich muss dann aber wieder. War, äh, nett gewesen, mit Dir zu plaudern. Bis denn.“


Flink zog sich Rox wieder zum Portal zurück und ließ eine wütende Aurene zurück.
Grollend zog sich der Kristalldrache zurück und schnaubte auf ihrem Weg jeden an, der nicht schnell genug aus dem Weg ging.
‚Sie könnten mir auch gleich ins Gesicht brüllen, dass sie irgendetwas aushecken, was ganz offensichtlich nichts Gutes ist. Etwas Geheimes, mit dem ich scheinbar überhaupt nicht einverstanden wäre, also machen sie es ohne mich. Tolle Freunde‘, dachte Aurene wütend.
Zurück in ihrem Hort versank sie trotzig in ihre Trance und ignorierte die ganzen Leute, die an sie heran traten.

Kapitel 12: Zweifel

Nachdem sie ein paar Stunden in Trance verbracht hatte, begann sich Aurene wieder für die Außenwelt zu öffnen. Es war Abend, dem Licht nach zu urteilen. Um ihren Hort herum fand sie nur Bangar in seinem Käfig, alle anderen Leute im Auge des Nordens waren in der anderen Hälfte des Ortes unterwegs.


Als Bangar sah, dass Aurene ihre Augen öffnete sprach er sogleich: „Ah, der große Schmolldrache ist wieder zurück und beehrt uns mit ihrer Herrlichkeit.“
„Halt die Klappe, Bangar, sonst sorge ich dafür“, schnauzte Aurene ihn an.
„Immer gleich so angriffslustig. Da sieht man mal, wie gut Dein Kommandeur Dich unter Kontrolle hat“, knurrte der Charr.
Wütend starrte Aurene ihn an.
Der grinste nur, meinte dann aber: „Jormag wollte wieder mit Dir plaudern, aber Du hast diesem Eisdrachen mehrfach Deine eiskalte Schulter gezeigt.“
Er grinste etwas über seinen Witz, fügte dann noch hinzu: „Dieser Alt-Drache wird bestimmt bald wieder hier sein und sich meines Mundes bedienen. Macht schnell mit Eurem Techtelmechtel, ich will heute noch schlafen.“
Kaum hatte er das gesagt, ging auch schon ein Zittern durch seinen Körper, das stets die Präsenz Jormags ankündigte.


Die kalten Augen schauten zu Aurene hinauf: „Ah, Großnichte, ich hoffe Du wirst mich nicht schon wieder ignorieren.“
„Bangar hat schon gesagt, dass Du mehrfach mit mir reden wolltest. Weswegen?“, antwortete Aurene kühl.
Jormag erwiderte: „Ich bin hier, weswegen ich immer hier bin: um Dir zu helfen. Was haben Deine sogenannten Freunde Dir jetzt wieder angetan?“
„Sie planen etwas, der Kommandeur reist überall herum und fragt nach Hilfe, aber nicht bei mir. Es schmerzt zu wissen, dass er lieber Fremde fragt und nicht seinen Partner“, meinte der Kristalldrache wütend und traurig zugleich.
„Natürlich fragen sie Dich nicht, denn sie fürchten Dich. Und das nicht zu Unrecht, wie ich hinzufügen möchte. Keiner von ihnen kann ermessen, welche Macht Du besitzt. Das kann nur ein Alt-Drache. Und weil sie es nicht ermessen können, fürchten sie sich vor Dir. Und weißt Du, was die Sterblichen machen mit Dingen, die sie fürchten? Sie töten und zerstören sie!“, fauchte Jormag erbost.
Erschrocken blickte Aurene zu Jormag: „Das würden sie nicht tun, Jormag, sie würden mir nie ein Leid antun. Trotz unserer Differenzen sind wir die Drachenwacht, vereint durch das Band der Freundschaft.“
„Das nur noch Du aufrecht erhältst. Aurene, erkenne endlich, dass diese Sterblichen schon lange nicht mehr Deine Freunde sind. Sie haben sich von Dir abgewandt. Aber ich nicht. Ich bin für Dich da, Großnichte. Komm zu mir, zu Deiner richtigen Familie, dort, wo Du hingehörst. Ich zeige Dir, was es wirklich bedeutet, ein Alt-Drache zu sein. An Deinem jetzigen Ort hast Du keine Freunde mehr, aber hier bei mir erwarten Dich hunderte, tausende neue Freunde“, versuchte Jormag Aurene zu locken.


Doch trotz ihrer inzwischen großen Zweifel gegenüber der Drachenwacht wollte Aurene das Auge nicht verlassen und sie zog sich wieder in ihre Trance zurück.
„Fast habe ich Dich, Aurene. Es dauert nicht mehr lange und Du bist mein“, flüsterte Jormag noch, bevor Bangar wieder Herr seines Körpers wurde.

Kapitel 13: Kälte

Die Tage kamen und gingen und das Leben im Auge des Nordens verlief wie immer. Geschäftig liefen Sylvari, Charr, Erhabene und Skritt hin und her, brüllten, quiekten und schnatterten, suchten Ausrüstung zusammen oder reparierten verschiedene Dinge.
Und doch war etwas anders. Die Stimmung schien insgesamt angespannter zu sein, als es normalerweise der Fall war. Der Ursprung dieser Anspannung schien die Drachenwacht zu sein. Die Soldaten spürten, dass bei dieser Gruppe etwas nicht stimmte. Nach außen hin verhielten sich die Mitglieder wie immer. Sie waren freundlich, hilfsbereit und hielten die Moral hoch. Auch untereinander verhielten sie sich nicht anders als zuvor – außer in den Momenten, in denen Aurene anwesend war.


Waren die Besprechungen der Drachenwacht früher teilweise auch sehr hitzig gewesen, so war doch immer für die Vorbeigehenden erkennbar gewesen, dass sie Freunde waren und einander vertrauten. Jetzt waren die Besprechungen, sobald Aurene dabei war, förmlicher und es fehlte die Herzlichkeit. Vor allem Aurene bewahrte eine förmliche Distanz zu den anderen aus der Gilde. Wenn so eine Besprechung stattfand, machten die Soldaten einen großen Bogen um die Drachenwacht und auch allgemein hielten sie inzwischen mehr Abstand zu Aurene. Denn sie schien nicht nur der Drachenwacht gegenüber eine Distanz aufgebaut zu haben sondern gegenüber jedem, der im Auge des Nordens beschäftigt war, wenngleich es bei der Drachenwacht besonders deutlich zu Tage trat.


„Taimi, habt Ihr immer noch Probleme mit den Materiallieferungen?“, fragte Caithe.
„Es gibt immer noch ein paar Engpässe, vor allem was die Ley-Linien-leitenden Ummantelungen für unsere Energiekerne angeht. Aber wir kommen schon irgendwie zurecht“, antwortete Taimi.
„Nun, das ist doch schon einmal nicht schlecht. Aurene, gibt es Veränderungen bei den Ley-Linien?“, fragte Caithe weiter.
„Nein“, war alles, was der Kristalldrache antwortete.
Caithe wartete ein wenig, ob sie noch etwas hinzufügen wollte, aber Aurene bleib stumm.
„Also, äh, gut. Dann Rytlock, wie kommt Ihr mit der Vereinigung Eurer Legionen voran?“, wandte sich die Sylvari etwas unbehaglich an den Charr.
„So wie immer, Caithe: jede Menge Reibereien und Gebrüll, ganz normaler Charr-Alltag. Wir kommen schon zurecht. Ein paar Köpfe zurechtstutzen und alle machen, was sie tun sollen“, knurrte Rytlock.
„Nun gut. Ich glaube, da mischen wir uns nicht zu sehr ein“, erwiderte Caithe. „Braham, ich habe gehört, dass …“
Da unterbrach sie Aurene: „Wo ist der Kommandeur eigentlich?“
„Aurene, lass Caithe doch aussprechen“, wandte sich Kasmeer an den Kristalldrachen. „Wir …“, den Rest verschluckte sie, denn Aurene blickte sie nur aus kalten Augen an.
Caithe versuchte die Situation zu retten: „Der Kommandeur ist gerade viel unterwegs, Aurene, er trifft sich mit vielen Leuten, um …“
„Um deren Hilfe zu erbitten, bei Eurem großen, ominösen Plan, bei dem die Hilfe eines Alt-Drachen, die übrigens Freundin und Mitglied dieser Gilde ist, offensichtlich nicht erwünscht ist“, unterbrach Aurene sie wieder. „Nun, dann haben wir ja alles besprochen. Ich werde mich dann wieder zurückziehen.“
Und ohne eine Antwort abzuwarten, drehte sie sich um und ging zurück zu ihrem Hort.

Kapitel 14: Unterbrechung

Auch wenn die Freundschaft zwischen Aurene und den anderen aus der Drachenwacht in letzter Zeit ziemlich erkaltet war, so klammerte sich der Kristalldrache noch immer daran und hoffte, dass es für all das eine vernünftige Erklärung geben würde.
Bei der nächsten Besprechung – es fehlten Braham, Rox und Caithe, die noch andere Aufgaben erledigen mussten – startete sie einen weiteren Versuch herauszufinden, was los war. Sie war sogar wieder freundlicher zu den anderen. Aber obwohl sie merkte, dass es ihren Gildenmitglieder unangenehm war, hielten sie sich auch jetzt noch bedeckt.


„Bitte, Aurene, vertraue uns. Sobald wir mit unserer Planung durch sind, weihen wir Dich ein“, versuchte Marjory sie zu trösten.
„Ja, es wird etwas ganz Tolles, mit viel Getöse und Lichte…“, half Taimi mit, wurde aber vom Kommandeur unterbrochen, der eine kleine Reisepause im Auge eingelegt hatte. „Psst, Taimi, pass auf, was Du sagst.“
Sofort kamen die Wut, Trauer und Enttäuschung wieder in Aurene hoch und sie peitschte wütend mit dem Schwanz.
„Dann eben nicht. Ich war freundlich zu Euch, aber wenn Ihr mir es so nicht sagen wollt, werde ich schon einen anderen Weg finden“, erwiderte sie zornig, öffnete ihre Flügel und rauschte wutschnaubend davon.
‚Braham werde ich als nächstes befragen und dieses Mal werde ich nicht so nett sein, wie bei den Versuchen davor. Er würde es auch kaum schaffen, mich abzulenken, dafür ist er zu sehr Norn. Dieses Mal bekomme ich meine Antworten!‘, dachte sie voller Zorn und suchte die Gegend nach Braham ab.
Sie brauchte länger, als ihr lieb gewesen war und hatte auch unzählige Male nachfragen müssen, aber schlussendlich fand sie ihn. Braham war gerade von einem Dorf aufgebrochen und Aurene wollte ihn am Rande eines Waldes abpassen, an dem er vorbeikommen würde. Hier würde es keine Ablenkung geben, keine Störfaktoren und Braham könnte nirgendwohin flüchten. Geduldig wartete Aurene am Waldrand. Doch gerade, als Braham in Sicht kam, tauchte Caithe neben ihr auf.


„Aurene, Du machst es mir in letzter Zeit wirklich nicht leicht, Dich zu finden“, begrüßte sie den Kristalldrachen etwas außer Atem.
„Ich habe eben auch meine eigenen Pläne. Genau wie Ihr mich nicht in alles einweiht, muss ich es auch nicht mit Euch tun“, erwiderte sie.
„Ich weiß, dass wir gerade ein paar Unstimmigkeiten haben, aber glaube mir, das wird sich alles noch aufklären. Aber deswegen bin ich nicht hier. Ein Dorf der Kodan und Quaggan soll angegriffen werden und ich glaube, sie könnten Deine Hilfe gut gebrauchen. Würdest Du unseren kleinen Streit kurz beiseite lassen und helfen?“, fragte Caithe sie.
Aurene blickte sie an, schaute dann zu Braham, der langsam näherstampfte und schüttelte dann verärgert den Kopf. So sehr sie auch Antworten suchte – Unschuldige zu retten, war immer noch wichtiger.
Sie ließ Caithe auf eine ihrer Klauen und meinte: „Dann zeig mir das Dorf, niemand soll sagen, ich hätte nicht meine Aufgabe getan.“
Dann hoben die beiden ab und ließen einen verwirrten Braham zurück, der sich fragte, was Aurene hier zu suchen gehabt hatte.

Kapitel 15: Verteidigung

Als die beiden beim Dorf ankamen, war es bereits Abend geworden. Das Dorf war ein Schiff der Kodan, allerdings war es zur Hälfte im Packeis versunken. Das Heck des riesigen Schiffes ragte schräg nach oben. Man sah noch die alten Wege, die jedoch durch die Schräglage des Schiffes nicht mehr benutzt werden konnten. Aber die Kodan hatten neue Wege in ihr Eisschiff geschlagen und neue Räume geschaffen.
Caithe zeigte auf die Eisdecke und sagte: „Der untere Teil des Schiffes wird von Quaggan bewohnt. Ziemlich gut geschützt vor Angriffen, aber mit ein paar Ausgängen zum Wasser hin. Ein idealer Ort für sie.“
Aurene schaute sich die Kodan und Quaggan an, die sich für die Verteidigung bereithielten. Alle sahen gesund und kräftig aus und hielten ihre Waffen mit Kraft fest. Andere unterhielten diverse Feuerschalen, deren Flammen sie ebenfalls nutzen wollten.


Aurene und Caithe landeten in der Nähe des Eingangs und wollten dort auf die Begrüßung warten, als ein Gong geschlagen wurde. Kodan und Quaggan bildeten eine lange Reihe, ihre Waffen erhoben. Der Kristalldrache und die Sylvari drehten sich um und sahen, wie über die nahen Eisberge viele Lichter auf sie zukamen. Es waren dutzende Fackeln, viel mehr, als das Dorf Einwohner hatte.
Es war aber nicht die Eisbrut, die dieses Dorf angriff, sondern Deserteure, wahrscheinlich zusammen mit Mördern, Dieben und anderen zwielichtigen Kreaturen. Aber ihre Waffen und Kleidung waren kaum für einen Kampf geeignet. Viele Waffen waren zerbrochen und die Rüstungen, sofern überhaupt vorhanden, auch nicht in einem viel besseren Zustand.


Aurene breitete ihre Flügel aus und brüllte einmal laut auf. Der Angriff kam sofort zum Stocken und die Deserteure blickten ängstlich zum Drachen. Als die Kodan dann auch noch anfingen zu brüllen und ihre Waffen erklingen ließen, verließ sie der Mut und die Deserteure flohen, bevor sie auch nur einen Schwerthieb ausgeteilt hatten.

Das Dorf bedankte sich bei Aurene und Caithe, dass es Dank ihnen gar nicht erst zu einem Blutvergießen kam und zufrieden flogen der Kristalldrache und die Sylvari zum Auge des Nordens zurück.


Caithe verabschiedete sich und Aurene wollte sich gerade hinlegen, als Jormag sie ansprach: „Du siehst zufrieden aus, Großnichte, habt Ihr es wieder geschafft ein paar Leute vor einem vermeintlich grausigen Ende zu bewahren?“
„Das haben wir, Jormag – und das ganz ohne Blutvergießen“, erwiderte Aurene.
„Nun, zufällig habe ich diesen Angriff beobachten können und ich muss schon sagen, eine fürchterliche Armee war das. Diese Bande aus Strauchdieben und niederem Gesindel hätten Eure Kodan-Freunde und diese kleinen Quaggan doch auch ohne Weiteres selber erledigen können“, sprach Jormag weiter.
„Caithe war da anderer Meinung“, antwortete der Kristalldrache.
„Ach, Großnichte, Du warst dort, um gut auszusehen, aber nicht, um das Dorf zu verteidigen. Sei ehrlich, Aurene: Die Kodan hätten kurzen Prozess gemacht. Deine Caithe hat Dich vollkommen umsonst dorthin gebracht. Wieder einmal, möchte ich hinzufügen“, gab Jormag zurück.
„Nein, Jormag, das will ich nicht glauben. Caithe hat im guten Sinne gehandelt“, setzte Aurene dagegen.
„Wenn Du meinst, Großnichte, dann lasse ich Dir noch diese eine Illusion“, antwortete der Alt-Drache des Eises und schloss seine Augen.

Kapitel 16: Vertrauen

Am nächsten Morgen wollte sich Aurene wieder auf die Suche nach Braham machen. Sie machte sich gerade bereit, als sie merkte, dass sich ein Teil der Drachenwacht wieder miteinander traf. Kasmeer, Marjory, Rytlock, Taimi und Rox hatten sich in eine Ecke verzogen. Sie hatten sich jedoch eine Stelle ausgesucht, an der sie nicht so gut verdeckt waren. Und dieses Mal war noch eine außenstehende Person dabei, niemand aus der Drachenwacht. Es war Striezi Taschlziega, deren kurzgeschnittene, rote Haare sofort ins Auge sprangen. Die Menschenfrau trug in ihrem Blick die Entschlossenheit mit sich, ihre gesteckten Ziele zu erreichen. Aurene mochte solche Personen, die sich nicht die Laune verderben oder von ihren Plänen abbringen ließen. ‚Die Welt braucht mehr Menschen wie sie, gerade in Zeiten wie dieser aktuell‘, dachte Aurene sich noch, bevor sie feststellte, dass ihr neugieriger Blick offenbar bemerkt wurde und sich daher wieder abwandte. Aber diese Striezi – das nahm sie sich vor – die würde sie in den nächsten Tagen erneut beobachten, wenn sich die Gelegenheit ergab.


Der Kristalldrache rückte ein wenig näher, um wenigstens ein paar Worte zu erhaschen, aber die sechs redeten sehr leise miteinander. Aurene konnte nur einzelne Worte heraushören: „… haben Schwierigkeiten … zu groß … schmerzt … Wir könnten doch … besser wäre es, wenn …“
Mehr konnte sie nicht erlauschen, bevor sich die sechs trennten.
Aurene nutzte die Chance und passte Rytlock ab. Sie hatte zwar keine große Hoffnung, dass der Charr ihr irgendetwas sagen würde, aber da er gerade hier war, wollte Aurene es zumindest versuchen. Braham würde sie dann später aufsuchen.


„Rytlock,“, begrüßte sie den Charr.
„Aurene“, knurrte er zurück.
„Ich habe zufällig gesehen, wie Ihr mit Striezi Taschlziega geredet habt. Ich hoffe, es ist nichts ernstes, wenn Ihr ihre Beratung benötigt“, begann sie das Gespräch.
„Hmm, wir können ja nicht alles gleichzeitig machen und Striezi Taschlziega hat schon oft gezeigt, was sie drauf hat“, antwortete Rytlock.
„Das stimmt, aber wozu braucht Ihr ihre Hilfe?“, fragte Aurene weiter.
Rytlock schaute zu ihr hoch und meinte: „Hör mal, Aurene, ich weiß, dass das gerade nicht einfach zu sein scheint, aber glaub mir, der Kommandeur hat seine Gründe, warum wir Dir bis jetzt noch nichts gesagt haben. Vertrau ihm einfach, so wie bisher auch.“
„Vertrauen beruht auf Gegenseitigkeit“, antwortete Aurene kalt und verließ den Charr.
Rytlock schaute ihr hinterher und murmelte noch leise: „Der Kommandeur sollte schleunigst wieder herkommen und mit Ihr reden, sonst stecken wir bald wirklich in Schwierigkeiten, habe ich das Gefühl.“
Zurück auf ihrem Hort wartete Jormag schon auf sie: „Wie ich Deinem Blick entnehmen kann, bist Du auf eine weitere Mauer des Schweigens getroffen.“
„Ich habe Rytlock befragt, aber es war von Anfang an ziemlich klar, dass er nichts sagen würde. Aber ich soll dem Kommandeur vertrauen, meinte er“, antwortete Aurene.
„Leere Worte, um Dich hinzuhalten, Großnichte, lass dich nicht davon täuschen. Wieso solltest Du Deinem Champion vertrauen, wenn er selbst Dir sein Vertrauen nicht schenkt?“, säuselte Jormag.
„Das habe ich Rytlock auch gesagt. Vertrauen beruht auf Gegenseitigkeit, nicht nur auf einem Treudoofen. Ich bin schließlich kein unwissendes Baby mehr, das blind gehorcht, wenn man etwas sagt“, erwiderte Aurene wütend.
„Ganz genau, Aurene, niemand hat Dir zu befehlen, was Du zu tun oder zu lassen hast. Du bist ein Alt-Drache und kein Schoßhündchen“, bekräftigte Jormag ihre Aussage.

Kapitel 17: Wut

Am nächsten Tag fragte Aurene wieder nach Braham. Einer der Soldaten sagte ihr, wo sie ihn finden würde und zeigt auf ein großes Waldgebiet etwas entfernt vom Auge. Schnell machte sich der Kristalldrache auf den Weg und hoffte, dass nicht kurz davor wieder Caithe auftauchen würde, die ein weiteres Mal ihre Hilfe in Anspruch nehmen wollte.
Den Wald hatte sie schnell erreicht, aber Aurene brauchte ein wenig, bis sie Braham ausfindig gemacht hatte. Zum Glück schreckten in seiner Nähe immer wieder kleine Vogelschwärme auf, die ihr auf ihrer Suche halfen. Sie flog über ihn hinweg und wartete darauf, dass Braham zu einem Platz gelangte, an dem sie landen konnte. Aber entweder bemerkte Braham sie nicht, obwohl sie sich lautstark bemerkbar machte, oder er ignorierte sie, denn sie musste eine halbe Stunde oder länger über ihn hinwegfliegen, bis er sie endlich zu einer Lichtung brachte, die groß genug für eine Landung war.


„Braham, mein guter Freund“, begrüßte sie ihn.
„Ach, äh … hallo, Aurene“, antwortete der Norn kopfkratzend.
„Du warst wohl so tief in Deine Aufgabe vertieft, dass Du meine Rufe nicht gehört hast, oder?“, redete Aurene ruhig weiter.
„Oh … äh, naja, ich dachte, dass Du mich nur begrüßt und dann weiterfliegst. Ich wusste nicht, dass Du mit mir reden willst. Was, äh … ist denn los?“, erwiderte Braham unsicher.
„Nichts Wichtiges, mein lieber Nornfreund. Ich wollte Dir nur ein paar Fragen stellen“, antwortete der Kristalldrache. „Zum Beispiel, was Du hier gerade machst?“
„Was, ich? Oh, ich … hmm, bin nur ein wenig jagen. Weißt Du, für, äh … meinen Bauch. – Hunger und so“, stammelte Braham und schaute an ihr vorbei.
„Aber im Auge haben wir doch genug zu essen“, bohrte sie weiter.
„Äh, ja, stimmt, aber ich … äh, wollte mal wieder selber was jagen. Ein wenig, hmm … den Norn raushängen lassen, Du weißt schon“, stotterte Braham weiter.
„Ah ja, nun, dann will ich Dich nicht weiter stören. Nur noch eine weitere Frage, Braham“, fuhr Aurene ihr Verhör fort und beugte sich zu ihm herab. „Was habt Ihr vor? Der Kommandeur, Ihr und Striezi Taschlziega? Was darf ich nicht wissen, von welchem Plan darf ich nichts erfahren? Was heckt Ihr aus, dass einem Alt-Drachen jede Information vorenthalten wird?“


Etwas panisch suchten Brahams Augen die Umgebung ab und er stammelte als Antwort: „Also, wir … verheimlichen doch nichts, Aurene. Das, äh, sieht nur so aus. Wir, äh … quatschen einfach nur so ein wenig und wollten, hmm, uns ein wenig … mit anderen Leuten anfreunden.“
„Danke für Deine aufrichtigen Antworten, Braham“, sagte Aurene mit kalter Stimme und erhob sich wieder.
Ihr Schwanz fing an zu zucken. Mit einem mal peitschte sie damit einmal quer durch ein paar Bäume und brach ihre Stämme in Stücke. Sie ließ ein ohrenbetäubendes Gebrüll erklingen und schlug wütend mit ihren Flügeln. Holzsplitter, Schnee und kleine Steine flogen wild umher und trafen Braham überall am Körper. Kristalle sprossen aus dem Boden, aus den Bäumen, aus den Felsen. Dann hob Aurene ab, brüllte noch einmal wütend auf und flog dann davon.


Braham stand alleine auf der Lichtung, seine Augen weit aufgerissenen vom Schrecken, unfähig sich zu bewegen, umgeben von gebrandmarkten Bäumen, Gras und Felsen. Selbst der Schnee war gebrandmarkt worden und kleine Kristalle fielen leise klirrend hinab auf den Boden.

Kapitel 18: Überzeugung

Nach ihrem letzten Versuch herauszufinden, was los war, und ihrem Wutausbruch, hatte sich Aurene zurückgezogen. Sie verbrachte die meiste Zeit in ihrem Hort und die Soldaten hörten sie ständig mit Jormag reden. Kaum einer traute sich noch zu diesen beiden, denn sie verstummten immer sofort, sobald sich jemand näherte, und blickten dann so lange auf diese Person, bis sie wieder verschwand.


„Nun, Aurene, was willst Du nun tun?“, fragte Jormag sie.
Der Kristalldrache antwortete: „Ich weiß es nicht. Ich weiß nicht, was ich tun soll, was ich denken soll. Meine Freunde vertrauen mir nicht mehr, aber ich kann hier auch nicht weg, ich habe meine Aufgaben.“
„Und noch immer bezeichnest Du diese Kreaturen als Deine Freunde. Sie haben mehr als deutlich gemacht, dass sie das nicht sind. Sie sagen das eine und tun das andere. So sind diese sterblichen Kreaturen nun einmal“, erwiderte der Alt-Drache des Eises. „Glaube mir, Großnichte, sie werden Dich hintergehen, so wie die Sylvari Mordremoth hintergangen haben, so wie sie einst mich hintergangen haben.“
„Sie sollen Dich hintergangen haben?“, fragte Aurene.
„Ja, Aurene. Früher, als ich noch so jung und naiv war, wie Du heute. Da hatte ich ebenfalls Sterbliche, die ich als meine Freunde bezeichnete. Ich hatte Freude mit ihnen, ich vertraute ihnen, aber sie haben mich verraten, haben mich belogen und wollten mich töten. Sie lachten mir ins Gesicht und warteten doch nur darauf, mir ihre Dolche in den Rücken zu stoßen. Ich wollte Dir diese bittere Erfahrung ersparen, meine liebe Großnichte, aber ich habe es wohl nicht geschafft“, erklärte Jormag traurig.
„Du bist so alt, Jormag, und hast so viel Erfahrung. Vielleicht sollte ich ein wenig mehr auf Dich hören“, überlegte Aurene halblaut.
„Es würde mich freuen, wenn Du meinen Rat annimmst, Großnichte. Ich hatte nur gehofft, dass Du es früher tun würdest. Aber vielleicht ist so eine Erfahrung auch nötig, um zu erkennen, wer und was man wirklich ist, Aurene.“
„Ein Alt-Drache bin ich, der Alt-Drache des Kristalls“, antwortete Aurene.
„Richtig. Und als Alt-Drache hast Du es nicht nötig, dich mit sterblichen Kreaturen abzugeben. Sie mögen Dir bei Deinen ersten Schritten geholfen haben, aber jetzt, da Du Deinen eigenen Kopf hast, Deine eigene Meinung und langsam erkennst, welche Macht Du besitzt, wollen sie Dich beseitigen, Dich töten, einfach nur, weil Du bist, wer Du bist“, sprach der Alt-Drache des Eises weiter. „Und was könnten sie sonst im Sinn haben, wenn nicht dieses Ziel? Ein geheimer Plan, die Reisen Deines Champions, um Hilfe zu suchen, Deine Ausgrenzung von allen. Erst Zaithan, dann Mordremoth und Kralkatorrik. Und nun bist Du an der Reihe, Großnichte!“
„Aber das lasse ich nicht zu“, antwortete Aurene mit kalter Wut. „Ich habe ihnen geholfen bei allem, was sie taten, habe mein Leben riskiert und sogar meinen Großvater verloren für ihre Ziele.“
„Und sie wollen es Dir mit Deinem Tod danken, Großnichte, aber sie haben Dich unterschätzt, haben uns unterschätzt. Gemeinsam können sie uns nichts anhaben, gemeinsam sind wir stärker als sie, gemeinsam müssen wir uns vor nichts mehr fürchten, gemeinsam werden wir den Verrat aus der Welt schaffen. Einigkeit wird herrschen, keine Kriege mehr, keine Gewalt mehr, nur noch ein Geist, eine Meinung und wir werden darüber wachen, Aurene, Du und ich, gemeinsam“, redete Jormag weiter auf Aurene ein.
„Gemeinsam“, wiederholte der Kristalldrache leise und blickte Jormag tief in die Augen.

Kapitel 19: Manipulation

„Großnichte“, begann Jormag ein Gespräch, „ich habe ein wenig über die letzte Zeit nachgedacht.“
„Du denkst viel nach Jormag“, erwiderte Aurene müde. In letzter Zeit war sie das ziemlich oft, aber Aurene schob das alles auf die Ereignisse der letzten Zeit zurück.
„Im Gegensatz zu manch anderen Alt-Drachen nutze ich meinen Kopf“, antwortete Jormag, „aber ich habe über diese Sylvari nachgedacht, diese Caithe.“
„Was soll mit ihr sein? Sie steckt mit den anderen unter einer Decke“, meinte Aurene.
„Natürlich, aber sie hat Dir nicht nur verheimlicht, was sie und die Ihren vorhaben, sie hat aktiv versucht, Dich davon abzuhalten, Informationen zu erhalten“, sagte der Alt-Drache des Eises.
Aurene horchte ein wenig auf: „Was meinst Du damit? Caithe kam immer nur dann zu mir, wenn sie Hilfe brauchte.“
„Und das immer zu ungünstigen Zeitpunkten, meinst Du nicht auch, Großnichte? Das erste Mal, als Du dich entschieden hattest, Deine Gildenmitglieder auszuhorchen. Sie hat Dich zu einem Dorf geschickt mit der Ausrede, dass meine Truppen es überrennen würden“, begann Jormag die Erklärung.
„Was ja auch der Fall war“, antwortete der Kristalldrache.
„Aber was Du nicht wusstest, war, dass meine Truppen sich erst in Bewegung gesetzt haben, nachdem Du mir davon erzählt hattest“, meinte Jormag. „Und das zweite Mal kam sie, als Du diese kleine Asura in die Enge treiben wolltest. Wieder war ein Dorf angeblich durch mich in Gefahr, aber auch hier kann ich Dir versichern, dass das nicht der Fall war. Und beim dritten Mal hat sie Dich davon abgehalten mit diesem Norn zu reden, um ein Dorf zu verteidigen, aber wir wissen ja beide, dass diese Angreifer keine Gefahr waren.“
„Und wieso erzählst Du mir erst jetzt, dass Du die beiden ersten Dörfer gar nicht angreifen wolltest?“, fragte Aurene.
„Hättest Du mir denn damals geglaubt, Großnichte?“, entgegnete Jormag.
„Warum sollte ich Dir jetzt glauben?“, gab sie gähnend zurück.
„Weil ich, ganz im Gegensatz zu Deinen Gildenleuten, Dich nicht belogen habe, Großnichte“, erklärte Jormag.
Aurene dachte ein wenig nach, doch sie war träge und fragte dann: „Und was glaubst Du sollte ich jetzt tun?“
„Das ist ganz einfach, liebe Aurene. Nutze die Macht, die Dir gegeben wurde. Du bist der Alt-Drache des Kristalls, Du hast diese Caithe gebrandmarkt, Du und sie, ihr seid dadurch verbunden. Sie hat diese Verbindung sicherlich dazu genutzt, um Dich zu finden, also, warum nutzt Du nicht ebenfalls diese Verbindung? Du spürst sie doch die ganze Zeit in Deinem Bewusstsein. Verstärke diese Verbindung und benutze sie, um über Caithe herauszufinden, wie ihr Plan gegen Dich aussieht“, erklärte Jormag.
„Du meinst, ich soll ihr meinen Willen aufzwingen – so wie Du es tust, so wie es Kralkatorrik getan hat?“, fragte Aurene ein wenig aufgeschreckt.
„Nur für kurze Zeit, Aurene“, säuselte Jormag weiter. „Nutze Deine Macht und bringe in Erfahrung, was die Drachenwacht plant, übernimm die Herrschaft über das, was Du schon lange markiert hast. Nutze Deine Kraft und spüre, was Du damit alles erreichen kannst, wenn Du nur willst! Was kann es schaden, Großnichte? Was soll schon schief gehen?“
„Was soll schon schief gehen“, wiederholte Aurene müde und begann ihre Gedanken auf Caithe und ihre gemeinsame Verbindung zu fokussieren.
Jormag spürte, wie Aurene sich konzentrierte, machte sich ebenfalls bereit und begann zu lächeln.

Kapitel 20: Kampf

Die Verbindung zu Caithe wurde stärker, als Aurene sich darauf konzentrierte. Sie spürte, wo sich die Sylvari befand und fing an, ihre Gefühle zu spüren, ihre Gedanken. Und sie spürte die Präsenz Jormags, ein mächtiger Geist, der sie weiter zu Caithe drängte. Sie fühlte die Ungeduld und eine verborgene Vorfreude von Jormag zu ihr dringen.


Plötzlich hatte Aurene Angst. Sie spürte, dass da etwas nicht stimmte, konnte aber nicht sagen, was es war. Sie versuchte, die Verbindung zu Caithe wieder abzuschwächen, auf das Niveau zu bringen, wie es vorher war, aber jetzt ließ Jormag sie nicht mehr los. Der Geist des Alt-Drachen des Eises drängte sie nun gnadenlos in die Verbindung zu Caithe, zwang Aurene dazu, sie zu stärken und ihren Willen hineinzufokussieren.
‚Jormag, lass mich frei, ich will das nicht tun!‘, schrie sie in Gedanken auf.
Aber der Alt-Drache des Eises war gnadenlos. ‚Was Du willst, ist unwichtig. Mein Wille zählt und mein Wille ist es, den Du ausführen wirst. Sobald Du den Willen dieser Sylvari gebrochen hast, wird auch Dein Wille brechen und ich werde Dich dann kontrollieren. Wir werden eins werden, Großnichte, wahrhaftig eins!‘
Der Kristalldrache wehrte sich, aber Jormag war stärker, die Verbindung wurde stärker.
Caithe, mitten in einem Gespräch mit ein paar Soldaten, wurde plötzlich stumm und bewegte sich nicht mehr. Ihre Augen wurden glasig, sie begann stoßweise zu atmen und fing an zu zittern. Die Soldaten brachten sie zu einem Arzt und waren sonst ziemlich ratlos.


Die Gefühle von Caithe drängten in Aurenes Geist – Verwirrung, Angst, Panik. Aber auch ihre Erinnerungen. Erinnerungen an eine Zeit mit einer anderen Sylvari, Faolain. Erinnerungen an eine frühere Gilde, die Klinge des Schicksals, und Erinnerungen mit der jetzigen Gilde, der Drachenwacht. Sie sah den Kommandeur, wie er mit Aurene spielte, sah, wie Caithe mit ihr herumtollte. Sie sah Braham und Taimi, Rytlock und Rox, Kasmeer, Marjory und Striezi Taschlziega. Erinnerungen blitzten an ihr vorbei, freudige Momente und traurige. Gefühle wie Zorn, Begeisterung, Enttäuschung, Geborgenheit und viele mehr durchströmten Aurene.


Jormag versuchte sie dazu zu zwingen, diese Gefühle, diese Erinnerungen zu unterdrücken, ihren Willen und damit den Willen Jormags auf Caithe zu legen, aber Aurene wehrte sich dagegen. Sie spürte, wie stark die freundschaftlichen Gefühle von Caithe ihr gegenüber waren, spürte die Liebe und die tiefe Verbundenheit zu den anderen aus der Drachenwacht. Und Aurene begann, sich selbst zu erinnern an die Zeiten mit dem Kommandeur, wie sie gemeinsam mit ihm in den Hallen von Tarir trainiert hatten, den Kampf gegen Balthasar, die zwiegespaltene Trauer, die sie beide dabei empfanden, als sie Kralkatorrik von seinen Schmerzen erlöst hatten, die gemeinsamen Treffen mit der Drachenwacht – voller Lachen und guter Laune.
Und langsam, ganz langsam konnte Aurene Jormags Geist aufhalten. Die Verbindung zu Caithe war stark, aber noch hatte sie ihren eigenen Willen und Aurene kämpfte darum, dass das auch so blieb. Dann spürte sie, dass Caithe ihr zu Hilfe kam, ihr Kraft gab, so viel sie erübrigen konnte. Und gemeinsam schafften sie es, Stück für Stück, Jormag zurückzudrängen.
Jormag kämpfte und brüllte, aber die Freundschaft von Caithe, vom Kommandeur, von Striezi Taschlziega und allen anderen war stärker.
‚Nein!‘, schrie der Alt-Drache des Eises noch einmal auf, dann war es vorbei und Jormags Geist war zurückgedrängt.

Kapitel 21: Freundschaft

Die nächsten Tage befand sich Aurene in einem schlafähnlichen Zustand. Sie spürte kaum die Ley-Linien um sich herum und schon gar nicht die Leute im Auge des Nordens. Sie erholte sich vom Kampf gegen Jormag und füllte ihre Energiereserven wieder auf. Hin und wieder öffnete sie kurz ihre Augen und stets sah sie Caithe, den Kommandeur, Striezi Taschlziega oder ein anderes Mitglied der Drachenwacht an ihrer Seite sitzen.


Aurene durchforschte ihren Geist, versuchte herauszufinden, was ihre Gedanken waren und welche von Jormag stammten. Es war schwierig das herauszufinden und oft war sich Aurene nicht sicher. Sie wusste nicht, was sie tun sollte, aus Angst, sie würde doch wieder das tun, was Jormag ihr eingeflüstert hatte. Aber dann dachte sie immer an ihre Freunde, an die Drachenwacht, an die Soldaten und Helfer und Aurene konnte daraus wieder neue Kraft schöpfen und sich weiter von Jormags Geflüster befreien.


Als sie nach einigen Tagen ihren Kopf hob, sprang Caithe erfreut auf: „Aurene, wie geht es Dir? Ich habe mir solche Sorgen gemacht!“
„Ich fühle mich noch etwas benommen und träge, aber dank Dir und dem Kommandeur und all meinen Freunden, geht es mir wieder gut“, beruhigte sie die Sylvari.
„Wir hatten solche Angst, Aurene. Ich hatte solche Angst, als Du plötzlich nach mir gegriffen hast. Ich habe Deinen Geist in mir gespürt, mächtig und überwältigend“, flüsterte Caithe mit zitternder Stimme.
„Es tut mir leid, was ich Dir angetan habe, Caithe“, antwortete der Kristalldrache betrübt.
Aber die Sylvari schüttelte den Kopf: „Nein, Aurene, es war Jormag. Jormag hat Dich benutzt, es war nicht Deine Schuld.“
„Ich habe mich manipulieren lassen, habe Jormag in meine Gedanken hineingelassen. Wegen mir hättest Du beinahe keinen eigenen Willen mehr gehabt, wegen mir hattest Du solche Angst, wegen mir …“, redete Aurene weiter und weinte leise, aber Caithe unterbrach sie.
„Es ist alles gut, meine Liebe, es ist alles gut. Jormag ist nicht mehr in Deinem Geist, ich habe noch meinen Willen und wir alle sind noch hier und für Dich da.“
„Caithe, was wäre passiert, wenn Jormag gewonnen hätte, wenn ich Deinen Willen bezwungen hätte und Jormag dadurch auch meinen? Ich habe solche Angst, Caithe!“, weinte der Kristalldrache weiter.
„Aber es ist nicht passiert, Aurene. Wir waren stärker, unsere Gefühle füreinander waren stärker als Jormags Geflüster. Der Kommandeur, Rytlock, die kleine Taimi, Striezi Taschlziega und all die anderen. Weil wir zusammen sind, weil wir Freunde sind, konnte uns Jormag gar nicht besiegen. Solange wir füreinander da sind, werden wir immer siegreich sein, Aurene. Vergiss das nicht, wir sind alle für Dich da, wenn Du uns brauchst“, beruhigte Caithe sie und streichelte sanft ihren Kopf.
„Danke, Caithe, für alles, Euch allen“, sagte Aurene und genoss die Berührungen, die Nähe und die Wärme.
„Und jetzt ruh dich noch ein wenig aus, meine Liebe“, meinte die Sylvari. „Etwas Großes steht an und Du wirst all Deine Energie dafür brauchen.“
Aurene blickte sie an, aber Caithe gab nur ein verschmitztes Lächeln von sich und sagte: „Es wird schön, Aurene, sehr schön und laut … Aber mehr werde ich Dir nicht verraten.“


Der Kristalldrache brummte ein wenig, beließ es aber dabei und schloss die Augen.

Kapitel 22: Vorbereitungen

Die Tage gingen dahin und Aurene näherte sich wieder ihren Freunden an. Die Besprechungen fanden wieder häufiger statt und waren auch wieder mit Lachen und guter Laune verbunden. Nachdem Caithe allen erzählt hatte, was mit Aurene passiert war – der Kommandeur hatte zwar deutlich gespürt, dass mit Aurene etwas ganz und gar nicht stimmte, aber da Caithe das Angriffsziel gewesen war, hatte er auch nur einen Teil mitbekommen –, waren alle von der Drachenwacht sehr freundlich zu ihrer großen Freundin. Sie redeten wieder viel miteinander und besuchten Aurene fast täglich. Dabei achteten sie darauf, dass Jormag über Bangar nicht erneut einen Versuch starten würde, Aurene zu manipulieren.


Bangar bekam tatsächlich kaum den Mund auf, bevor ihm irgendjemand dazwischen redete, egal, ob nun Jormag durch ihn sprach oder nicht. Bald schon hatte er die Schnauze voll und hielt freiwillig seinen Mund.
Aber noch immer wollte niemand Aurene sagen, was denn Großes geplant wurde. Sie wurde nur vertröstet, dass sie es in ein paar Tagen erfahren würde. Der Kristalldrache merkte auch, dass es im Auge geschäftiger zuging als üblich. Sie sah viele Soldaten, die Kisten von A nach B schleppten, meistens dirigiert von Striezi Taschlziega Überhaupt war diese Striezi Taschlziega. in letzter Zeit ziemlich oft hier anzutreffen.


Im Auge summte es wie in einem Bienenstock und eine feierliche Stimmung machte sich breit. Immer wieder sang jemand leise in einer Ecke und Aurene schnappte doch die einen oder anderen Gesprächsfetzen auf, auch wenn sie es inzwischen nicht mehr darauf anlegte.
Striezi Taschlziega, wo soll ich die Girlanden lagern?“
„… nicht hier, Du Idiot, das sieht Aurene doch sofort.“
„… jemand dieser kleinen Asura … Kabelsalat wegräumen.“
„Rytlock, der Baum steht bereit?“
„Nein, nein, nein, blöder Skritt! Eine Schleife macht man so!“
Auch konnte Aurene immer wieder beobachten, wie festliche Kleidung hervorgeholt und gewaschen wurde, Geschenke wurden mehr oder weniger gut vor ihren Blicken verborgen und Striezi Taschlziega kam aus dem Probieren verschiedenster Leckereien gar nicht mehr heraus.


Aus all diesen Beobachtungen zusammen mit den Gesprächsfetzen konnte sich Aurene ein Bild davon machen, was ihre Freunde geplant hatten und warum sie ihre geschuppte Freundin nicht eingeweiht hatten.
Denn anscheinend wollten sie für Aurene ein Fest veranstalten. Etwas, was bei den Menschen wohl jedes Jahr gefeiert wurde, aber da sie eigentlich fast nur den Kampf gegen Alt-Drachen oder Götter kannte, hatte Aurene so ein Fest noch nie erlebt. Und das wollte die Drachenwacht anscheinend ändern.


Sie versuchten, alles in Heimlichkeit vorzubereiten, weil sie sie damit überraschen wollten. Ein Fest für ihren Kristalldrachen, die immer für sie da war und alles in ihrer Macht tat, damit die Völker Tyrias auch weiterhin leben konnten.

Und alle halfen mit.

Kapitel 23: Vorfreude

Die Leute im Auge wurden mit jedem Tag geschäftiger und es war eigentlich kaum zu übersehen, dass ein Fest bevorstand – trotz aller versuchter Geheimniskrämerei. Aber Aurene tat so, als würde sie den Großteil des Tages verschlafen und so nichts von alledem mitbekommen. Denn sie hatte für sich entschieden, ihren Freunden die Freude zu lassen, sie ‚überrascht‘ zu haben. Aurene wusste, dass das Fest kurz bevor stand und fragte sich schon, wie ihre Freunde es anstellen wollten, dass sie die letzten Vorbereitungen nicht mitbekäme. Diese Frage wurde ihr ein wenig später beantwortet.


Caithe war wieder an sie herangetreten und bat sie noch einmal um ihre Hilfe bei der Evakuierung eines kleinen Dorfes.

„Dann wollen wir sie mal nicht warten lassen, Caithe“, meinte Aurene voller Tatendrang und ließ die Sylvari aufsteigen. „Zeige mir den Weg, meine Freundin.“
Im Dorf angekommen, waren die Norn schon dabei, ihre Sachen zu packen und auf große Schlitten zu hieven. Die meisten brummten vor sich hin, ein paar kleine Kinder weinten leise, wurden aber schnell wieder beruhigt und die Dolyaks warteten geduldig darauf, dass sie lostraben konnten. Die Vorbereitungen gingen schnell voran und Aurene redete eigentlich nur mit den Dorfbewohnern, um ihnen ein wenig die Angst zu nehmen und die Zeit totzuschlagen. Erst am Ende musste sie tatsächlich ein wenig Überredungskunst aufbieten, um eine Handvoll dickköpfiger Norn dazu zu bringen, ebenfalls das Dorf zu verlassen.
„Soll diese Eisbrut doch kommen, mein Hammer ist bereit, ihnen zu zeigen, wozu ein Norn fähig ist!“, rief einer der Dickköpfe stolz.
„Das bezweifelt ja auch niemand, aber Ihr wärt nur sechs Norn gegen eine ganze Armee“, hielt Aurene dagegen.
„Was sind schon Zahlen – und wenn Jormag höchstpersönlich kommen würde: Niemand betritt ungestraft unser Dorf, wenn wir es nicht wollen“, blieb der Norn stur und die anderen stimmten ihm lautstark zu.
Aurene dachte kurz nach und änderte dann ihre Taktik: „So stark Ihr auch sein mögt, dieses Dorf ist nicht für eine Verteidigung ausgelegt, das müsst Ihr zugeben. Jeder von Euch würde mit Sicherheit eine Bresche mühelos halten können, aber hier gibt es mehr Lücken, als Ihr halten könnt.“
Das stimmte die Norn schon nachdenklich. Aurene sprach weiter: „Und außerdem brauchen wir Leute wie Euch bei uns im Auge des Nordens. Jemand wie Ihr würde den Soldaten viel Mut machen und Ihr könntet sogar zu Legenden werden.“


Das hatte den sturen Norn und seine Mitstreiter überzeugt und die Evakuierung ging ohne weitere große Probleme voran. Als auch die letzten Norn losgezogen waren, verabschiedeten sich Aurene und Caithe von ihnen und flogen wieder zum Auge.
„Wir sehen uns im Auge“, riefen sie noch zum Abschied.
Caithe bedankte sich auf den Heimweg für ihre Hilfe und versuchte sie sanft anzutreiben.
Aurene wusste natürlich warum und freute sich schon auf das Fest mit all ihren Freunden. Mit kräftigen Flügelschlägen flogen die beiden zurück.

Kapitel 24: Wintertag

Als Aurene und Caithe beim Auge ankamen, war alles dunkel. Keine Lichter brannten und auch kaum ein Laut war zu hören. Nur hin und wieder ein unterdrücktes Husten oder ein leises Rascheln.
Da Aurene sich ja ‚überraschen‘ lassen wollte, fragte sie Caithe mit unsicherer Stimme: „Caithe, was ist hier los? Weißt Du, was passiert ist?“
„Eine gute Frage, Aurene. Wir sollten hinunterfliegen und nachsehen“, antwortete sie.
Der Kristalldrache flog langsam hinab, sie brauchte kein Licht, um zu wissen, wie sie landen musste. Sie kannte den Ort gut genug. Vorsichtig glitt Caithe vom Rücken hinab und verschwand sogleich in der Dunkelheit.
Aurene wartete geduldig und blickte sich verstohlen um.


Plötzlich wurde alles hell. Ringsum wurden Lichter eingeschaltet. Sie hingen an Girlanden, überall an den Wänden, andere Lichter trieben im Teich vor ihrem Hort und wiederum andere Lichter schienen in der Luft zu schweben.

Musik erscholl aus verschiedenen Ecken und ein paar Leute begannen zu singen. Der ganze Platz um Aurenes Hort war voll mit Leuten aus ganz Tyria und sogar aus Elona. Unter all den zahllosen weniger bekannten Gesichtern sah sie aber auch eine Menge alter Bekannte. So waren unter anderen die Anführer der Wachsamen, des Ordens der Gerüchte und der Abtei zu sehen. Einige Ratsmitglieder aus den Städten von Elona, die Anführer der Rassen, die in Zentraltyria wohnten und Vertreter der verschiedenen Hylek-Stämme aus dem Herzen von Maguuma. Und sie alle begrüßten Aurene freudig und wünschten ihr ein schönes Wintertagsfest.
Caithe tauchte wieder neben ihr auf und sagte: „Nun, was sagst Du, Aurene?“
„Es ist wunderschön, Caithe“, freute sich der Kristalldrache aufrichtig.
„Der Kommandeur war die letzten Wochen überall unterwegs und hat alle möglichen Leute darum gebeten, heute hierherzukommen, um mit Dir zu feiern“, begann Caithe zu erklären. „Taimi war für die Licht- und Musikanlage zuständig. In der anderen Halle siehst du ja den riesigen Tannenbaum – den hat Rytlock besorgt und zusammen mit Rox haben die beiden hier auch alles geschmückt. Du kannst dir sicherlich vorstellen, wie begeistert unser mürrischer Charr war, als er zur Deko abbestellt worden war.
Braham hat dafür gesorgt, dass keiner auch nur an Hunger denken braucht, und Kasmeer und Marjory haben ein paar Geschenke zusammengetrieben – die siehst Du neben dem Tannenbaum.
Und Striezi Taschlziega hat dafür gesorgt, dass all das reibungslos abläuft, hat die Aufgaben verteilt und alles geplant.“
„Es ist wirklich schön“, wiederholte Aurene glücklich und sog all diese Eindrücke in sich auf: die Leute, die Musik, die Stimmung, den Duft.
„Danke, dass Ihr so etwas für mich organisiert habt“, fügte sie noch hinzu.
„Du hast auch so viel für uns getan, Aurene, da ist es doch das Mindeste, wenn wir Dir etwas davon zurückzahlen“, erwiderte die Sylvari und umarmte Aurene.
„Wie heißt dieses Fest noch einmal?“, fragte sie.
„Wintertag.“


Aurene breitete ihre Flügel aus und erhob ihre Stimme: „Einen schönen Wintertag wünsche ich Euch allen!“
„Einen schönen Wintertag auch Dir, Aurene!“, jubelte ihr die Menge zu.
Die Gäste begannen zu feiern und zu tanzen und immer wieder wurden Geschenke zu Aurene gebracht.
Irgendwann änderte sich plötzlich die Musik und eine richtige Lichtershow begann. Aus den Lautsprechern hörte man Tamis Stimme: „Jetzt geht die Party los: DJ Taimi is in the House!“
Caithe schlug sich lachend an den Kopf: „Ich dachte, Striezi Taschlziega hätte ihr diese Idee ausgeredet, aber da war ich wohl zu voreilig.“


Und so feierten alle Aurenes ersten Wintertag im Auge des Nordens zu Taimis Partymusik bis spät in die Nacht.

Ende