Hallo, ich bin Matthew Medina und seit geraumer Zeit Narrative Designer hier bei ArenaNet. Als ich zu Guild Wars 2: End of Dragons™ zum Team stieß und den Auftrag erhielt, das Epilog-Kapitel zu gestalten, wusste ich, dass ich dabei zwei Dinge erreichen wollte. Zum einen wollte ich, dass wir endlich wieder einen Abspann im Spiel haben. Zum anderen wollte ich einen Moment integrieren, für den ich mich persönlich seit meiner Zeit als Story Design Lead bei Guild Wars 2: Heart of Thorns™ eingesetzt hatte: den Hochzeitsantrag zwischen zwei unserer bekanntesten Charaktere, Marjory Delaqua und Kasmeer Meade. Heute geht es darum, wie wir dieses Ziel erreicht haben – zuerst von der Entwicklungsperspektive aus, und dann hinsichtlich ihrer Charakter-Storylines.
Jory und Kas sind seit Beginn von Staffel 1 der Lebendigen Welt 2013 ein wesentlicher Teil der Alt-Drachen-Saga. Alles fing mit ihrem ersten Treffen im Kapitel „Abgebrüht“ an, in dem Marjory von Kapitän Logan Thackeray angeheuert wird, um den Mord von Kapitän Theo Aschfurt aufzuklären. Nach diesen bescheidenen Anfängen halfen sie uns, Scarlet zu bekämpfen, Mordremoth und die anderen Alt-Drachen zu besiegen und gegen den Kriegsgott Balthasar zu bestehen (sehr zum Verdruss von Kasmeer). Mit der Zeit entfernten sie sich voneinander, nur um dann stärker als je zuvor wieder zusammenzukommen (Genaueres erfahrt ihr in Morgans Abschnitt dieses Blogeintrags).
Über die Entwicklung ihrer Story hinweg gab es noch zwei andere Punkte, an denen das Narrative Team überlegte, ihre Beziehung offiziell werden zu lassen und sie den nächsten Schritt gehen zu lassen: einmal am Ende von Guild Wars 2: Heart of Thorns und erneut beim Abschluss von Guild Wars 2: Path of Fire™. In beiden Fällen gab es den Wunsch, ihre Beziehung zu vertiefen, aber das Timing war nicht ideal für eine solche Ankündigung. Am Ende mussten wir diese Pläne auf die Zukunft verlegen, vorzugsweise auf einen Zeitpunkt, an dem Tyria nicht buchstäblich brannte und die Charaktere einen ruhigeren Augenblick mit Freunden haben konnten. In Guild Wars 2: Heart of Thorns passte es nicht organisch zum schnellen Tempo der Haupthandlung, und in Guild Wars 2: Path of Fire war es aufgrund der Entwicklungsschwerpunkte beim Abschluss der Story ungünstig, einen solch freudigen Moment in einen spannenden Cliffhanger einzubauen, den die Rückkehr Kralkatorriks im Epilog darstellte. Also legten wir ihre Verlobung aufs Eis. Mal wieder.
Selbst als wir mit der Produktion der Inhalte von Guild Wars 2: End of Dragons begannen, hatten wir nach wie vor nicht als Team über den Antrag gesprochen. Nun bin ich bekannt dafür, dass ich hin und wieder wilde Ideen habe, und als ich die Epilog-Inhalte für eines unserer internen Entwicklungsziele namens „Inhalte fertiggestellt“ vorbereitete (das bedeutet, dass die Team Leads und Interessensgruppen das Kapitel zum ersten Mal von Anfang bis Ende spielen können), packte ich die Gelegenheit beim Schopf. Da ich mit sämtlichen anderen Aufgaben fertig war, nutzte ich die Zeit, die mir blieb, um die „Tascheninstanz“ (so nennen wir Devs einen story-fokussierten Augenblick außerhalb des Kampfes für den Spieler und seine Gruppe) in der Sackgasse als Überraschung für alle einzubauen.
Ich war voll und ganz vorbereitet darauf erneut zu hören, dass dies nicht der richtige Zeitpunkt sei, oder dass wir es uns nicht leisten könnten, das Spiel zu diesem Zeitpunkt noch mehr zu erweitern. Aber immerhin hätte ich sagen können, dass ich es versucht habe. Als unsere Leads dann den Epilog spielten und die Grobfassung der Antragsfeier erlebten, waren alle begeistert, und sie stimmten mir zu, dass das endlich der perfekte Augenblick sei.
Nachdem ich mir die Genehmigung gesichert hatte, diskutierten wir, wie wir einen derart wichtigen emotionalen Moment umsetzen konnten. Ich wollte von Anfang an, dass wir dabei nicht nur unser glückliches Paar feierten; dies sollte auch ein nostalgischer Rückblick auf die gesamte Saga von Drachenwacht sein. Das war nicht so einfach, wie es vielleicht klingt. Wir hatten so manche leidenschaftliche Diskussion darüber, wer anwesend sein sollte und wer nicht, und es gab auch Vorschläge, dass andere bekannte Charaktere wie Caithe, Königin Jennah, Ellen Kiel und sogar Fürst Faren mitspielen sollten. Am Ende entschieden wir uns, die Gruppe auf den Kern von Drachenwacht zu beschränken, plus Logan, da dieser bei ihrem ersten Treffen dabei war. So konnten wir die Sache überschaubar und das Budget im Rahmen halten.
Unsere Besetzung hatten wir also, und so machte ich mich an die Ausgestaltung des Kapitels. Wir brauchten eine gesellige Runde, damit die Spieler mit ihren Freunden plaudern und einen Vorgeschmack darauf erhalten konnten, was sie nach Guild Wars 2: End of Dragons erwartet.
Hier kommt Morgan Lockhart ins Spiel, eine unserer unglaublichen Autoren, die meine rudimentären Dialoge nahm und das tat, was sie am besten kann: Sie verfasste die Kernzeilen, einschließlich des fantastischen Doppelantrags, und schuf phänomenale Dialoge mit unseren Gilden-Kameraden, die zu starken Charaktermomenten führten und die einzelnen Handlungsbögen in der Erweiterung abschlossen sowie uns einen Blick auf die Zukunft boten. Mein Favorit dabei ist die Andeutung, dass Marjory und Gorrik (und Detektiv Rama und …Ivan?) vielleicht in Zukunft gemeinsam mit ihrer eigenen Detektei weiter ermitteln werden. Nennt das aber bloß nicht „Detektei Freunde und Co.“, zumindest nicht, solange Jory in Hörweite ist!
Aber es gab noch ein wesentliches Detail, um das wir uns noch kümmern mussten: der Kuss!
Ich verrate euch mal ein Entwicklungsgeheimnis, das wir hier bei ArenaNet haben. Aufgrund der Schwerpunkte des Spiels geht der Großteil unseres Animationsbudgets in Kampfanimationen. (Gut, das war jetzt nicht sonderlich geheim.) Bei einem actionlastigen MMORPG sind Kampfanimationen deutlich wichtiger als die, die die Narrative-Gruppe euch gerne bieten würde. Nach zehn Jahren Entwicklung von Guild Wars 2 haben wir unsere Bibliothek an Nichtkampf-Animationen erweitert, aber abgesehen von einer Filmsequenz hatten wir nie großen Bedarf an Küssen. Bis jetzt.
Da ich das wusste, war ich voll und ganz darauf vorbereitet, das zu tun, was alle guten Entwickler tun müssen: improvisieren! Im Best-Case-Szenario in meinem Kopf gab es ein paar Animationen für unsere menschlichen weiblichen Charaktere, die ich möglicherweise „umfunktionieren“ könnte (solange ich das Endergebnis vor dem Animation Team verstecke). Das Worst-Case-Szenario wäre, dass sie einander einfach ihre Liebe schwören, begleitet von den Standard-„Sprech“-Emotes, die wir häufig in Dialogen verwenden.
Und dann kam das Cinematics Team! Als Teil des Review-Prozesses für Guild Wars 2: End of Dragons war dieses einige unserer von uns angefertigten Ingame-Momente durchgegangen, die schon fast ins Feld der Filmsequenzen fallen und die wir intern „Cinevents“ nennen. Dabei gaben sie uns Tipps für Dinge wie Kameraposition, Inszenierung, Charakterbewegung usw. Und als sie sich dann die Szene ansahen, die wir für den Antrag zusammengeschustert hatten, war ihnen klar, dass wir diesen Moment nicht ohne Unterstützung hinbekommen würden.
Sie waren zwar hochmotiviert, wussten aber nicht, wie viel Zeit man ihnen dafür geben würde. Größtenteils ist es der unglaublich enthusiastischen Unterstützung von Senior Designer Connor Fallon zu verdanken, dass Cinematics Director Chelsey Shuder und ihr Team sich dazu bereit erklärten, uns bei den individuellen Animationen der Charakter unter die Arme zu greifen. Cinematics Animator Da-Hee Im nahm sich der Sache an, und dank ihrer Leidenschaft und ihres Könnens erreichten wir schlagartig ein ganz neues Niveau.
Über einige Wochen hinweg übernahmen die Cinematics Animators das Storyboarding, die Planung und die Ausführung einer unglaublichen Folge von Animationen. Es kann eine Herausforderung sein, mit solchen individuellen Animationen zu arbeiten, da viele unserer Tools für die Steuerung der Animationen sich auf den Kampf konzentrieren. Am Ende verwendete ich eine Kombination aus Emotes und Fertigkeiten, die nacheinander ausgelöst wurden, um das Storyboard des Animationsteams umsetzen zu können. Und das Endprodukt war so viel besser, als ich mir je erträumt hätte.
Damit wäre das „Wie“ bezüglich des Antrags umfassend behandelt; kommen wir nun also zum „Warum“. Dazu gesellt sich Morgan Lockhart zu uns, die ein wenig zu den Charakteren ins Detail geht.
Die Entstehung von Kasmeers und Marjorys Handlungsbogen
Hallo, ich bin Morgan Lockhart! Ich war die Autorin des Antragdialogs sowie ein paar der anderen Szenen mit Kas und Jory, die zu ihrer romantischen Nebengeschichte im Laufe des Goldenen Pfads gehörten. Als Matthew Medina die Idee erstmals vorschlug, war ich Feuer und Flamme und wollte unbedingt mitmachen. Als queere Frau war ich begeistert, diese Beziehung auf die nächste Stufe bringen zu dürfen.
Wir arbeiteten hart daran, ein Gleichgewicht zu finden zwischen ihrer Weiterentwicklung als Paar und dem Fortführen ihrer eigenen Storystränge. Wir wollten sie nicht unnötig aneinanderketten, aber wir wollten schon auch, dass sie ein echtes Paar sind. Sie hatten beide Wichtiges in Cantha zu tun, was sie zwingenderweise für große Teil der Geschichte trennte, aber wir brachten sie an wesentlichen Momenten wieder zusammen und versuchten, den Spielern ein wenig zu zeigen, wie sie auch auf Distanz ihre Beziehung pflegten. Wenn ihr eine bestimmte Szene im Kapitel „Eine Spinne fangen“ miterlebt habt, dann wisst ihr, was ich meine; aber was belauscht Ihr bitte andere Leute, Kommandeur? Für mich war es wichtig, dass wir diese Szene hatten, denn so oft wird Darstellungen von Queerness jegliche Sinnlichkeit geraubt, um sie behaglicher für das breite Publikum zu machen.
Ebenso wichtig war es mir, dass sie in den letzten paar Kapiteln gemeinsam auftreten. Ich wollte, dass sie darauf bestehen, ihr möglicherweise letztes Gefecht Schulter an Schulter kämpfen zu dürfen, denn obwohl sie beide Individuen sind, ist ihre Beziehung eines der wesentlichen Teile ihres Fundaments. Als dann die letzte große Schlacht des Drachenzyklus gewonnen war, konnten sie gemeinsam den Schritt in die nächste Phase ihres Lebens machen.
Wie Medina schon erwähnte, haben wir jahrelang über diese Idee nachgedacht, aber irgendwie schien uns der Zeitpunkt nie richtig. Dies liegt mit daran, dass diese Charaktere ein Jahrzehnt lang mehr oder weniger „im Krieg“ waren. Die Drachen waren ihre erste, zweite und dritte Priorität, und sie haben die Meilensteine eines Lebens in Friedenszeiten aufgeschoben, die wir alle als selbstverständlich betrachten. Es gibt einen Augenblick, in dem der Kommandeur überrascht darüber ist, dass Joon ein Kind hat, und Taimi frotzelt, dass das ganz normal ist, „wenn man seine Zeit nicht gerade damit verbringt, um die Welt zu reisen und Drachen zu bekämpfen. „Ich mein’ ja nur.“ Das Privatleben aller Mitglieder der Drachenwacht war über Jahre eingefroren, und deshalb versuchten wir, allgemein in den Epilogen zu zeigen, dass sie jetzt alle lernen müssen, wie es ist, sich niederzulassen und in einer Nachkriegsära zu leben. Für manche ist die Antwort zum Glück eindeutig. Andere werden weiter ein wenig suchen müssen, während wieder andere den Krieg nie ganz hinter sich lassen werden, ganz egal wie viele Jahre vergehen.
Ich hätte liebend gerne mehr Zeit gehabt, die Tragweite dieser Erlebnisse zum Ausdruck zu bringen. Ein wenig bin ich mit Braham darauf eingegangen, der eindeutig mit seinem Trauma nach den Ereignissen der Eisbrut-Saga zu kämpfen hat (was sich auch in seinen Szenen widerspiegelt, die ich für das letztjährige Drachen-Gepolter verfasst habe), und Caithe hat einen Moment, in dem sie erwähnt, dass sie nicht genau weiß, wie es für sie weitergehen soll. Natürlich sind Chancen in einem laufenden Spiel nie wirklich verpasst, da man immer noch in künftigen Releases darauf eingehen kann! Allerdings habe ich es bewusst vermieden, dem Kommandeur zu viele Gefühle zuzuweisen. Obwohl unser Spielercharakter eindeutig einige Elemente einer „Kanon“-Geschichte aufweist, vermeiden wir, zu viel vorzuschreiben. Schließlich ist das nach wie vor ein Rollenspiel, daher wollen wir euch den Raum geben, selbst zu bestimmen, wie euer Kommandeur sich fühlt.
Der Antrag an sich war schwierig zu schreiben. Wie jeder weiß, der schon einmal versucht hat, ein Gelübde oder eine Hochzeitszeremonie zu verfassen, ist es schwierig, so unverblümt über die Liebe zu reden, ohne ein wenig schmalzig zu werden, aber nur, weil das, was zum Ausdruck gebracht wird, einfach alle Worte übersteigt. Also versuchte ich, an ihre gemeinsame Reise zu denken und etwas zu verfassen, das schlicht und ergreifend aufrichtig ist. Zu hören, wie Sumalee Montano und Janell Cox die Szenen umgesetzt haben und sie zu einem großen Ganzen vereinen gehört zu meinen persönlichen Höhepunkten dieser Erweiterung, und es freut mich zu sehen, dass es vielen von euch ebenfalls eine Menge bedeutet.
Eines noch: Um Gorriks Frage zu beantworten, „Wer von Euch beiden hat eigentlich …“: Die Antwort ist natürlich „Beide!“, aber für mich hat Jory den ersten Schritt getan, wobei ich mir sicher bin, dass beide daran gedacht haben. Aber in diesem Augenblick, als sie nach dem Sieg über Leere-Mordremoth an Kas’ Seite stürmte, war für mich der Gedanke „Um ein Haar hätte ich diese Frau verloren, ich will diese Frau niemals verlieren“ etwas, das einen Stein ins Rollen brachte, der längst überfällig war. Ich bin froh, dass wir, und sie, nun endlich einen Abschluss gefunden haben, mit sich im Reinen sind und jetzt nach vorne schauen können.
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