Moin,
Ich bin mir nicht ganz sicher, ob ich hier wirklich gut helfen kann. Ich habe weder Maschinenbau noch ein vergleichbares Fach studiert, daher sind mir die in Deinen Aufzeichnungen verwendeten Indizes und Beiwerte nicht bekannt. Ganz so weit weg ist es von der Geologie jedoch nicht (viele Grüße insbesondere an alle Tunnel und Schächte an dieser Stelle) und die theoretische Mechanik ist ja irgendwie überall dann doch ähnlich. Nimm meine Worte trotzdem mit einer gewissen Portion Skepsis und gehe nach Möglichkeit auch noch auf einen Tutor/Übungsgruppenleiter (sofern es zu der Veranstaltung sojemanden gibt) oder den Leser der Veranstaltung (viele Profs haben Sprechstunden) zu.
Zunächst machen wir uns bewusst, dass die Spannungsverteilung in einem Körper (Gebirge, Stahlträger, etc.) eine komplizierte Geschichte ist. Daher setzen wir alles daran, die in situ Spannungen als Hauptnormalspannungen auszudrücken. Mit diesen ist einfacher zu rechnen und sie sind schöner anzusehen. Die Idee dabei ist den betrachteten Körper so zu transformieren, dass die die Spannungen parallel oder orthogonal zu den Achsen des Koordinatensystems sind. Falls es sich um eine Einführungsvorlesung in das Thema handelt, habt Ihr wahrscheinlich auch „nur“ den zweidimensionalen Fall betrachtet (2D ist entsprechend einfacher als 3D)?
Die Vergleichsspannung (sigma_v) scheint eine in eine Richtung wirkende Spannung zu sein, die für einen Körper die gleiche Beanspruchung beschreibt, wie die Spannungen im dreidimensionalen Raum. Kurzum: Man führt eine Rechnung aus, um (Hier schlagen jetzt die Unterschiede zwischen Geologie und dem Maschinenbau in den Definitionen zu, ich versuche mich an den Maschinenbaudefinitionen zu orientieren. Aber vielleicht klappt das nicht immer so ganz.) die Normalspannungen sigma (dies können bei Dir generell Zug-/Druck-/Biegespannungen) und Schub-/Scher-/Torsionsspannungen (tau) in einen Wert zu bekommen. Das Schöne dabei ist, dass dieser Wert mit den Ergebnissen aus Zugversuchen vergleichbar ist.
Abhängig von den Eigenschaften deines Materials, scheinst Du die Vergleichsspannung auf verschiedene Weise berechnen zu müssen. Unabhängig davon fließen in alle Formeln jeweils die Summe der Normalspannungen ein. Diese Summe musst Du also ausrechnen, um sie dann in die jeweilige Formel für die Vergleichsspannung einsetzen zu können. Unterm Strich ist das Sigma in den verschiedenen Formeln für die Vergleichsspannung jedoch überall das gleiche Sigma (Komponente 1). Analog gilt dies für Tau.
Mit sigma_vor <= sigma_zul (F1) wird beschrieben, dass für den Nachweis der Festigkeit die Spannung im Körper (sigma_vor) kleiner, bzw. maximal gleich groß, sein muss, bzw. darf, als die für den Körper zulässige Spannung (sigma_zul). Ich vermute, dass sigma_zul diejenige maximale Spannung beschreibt, unter der der betrachtete Körper seine Form behält/keinen Schaden nimmt/etc („Grenzspannung“). Unterm Strich hast Du mit F1 eine allgemeine Regel aufgeschrieben (wie etwa „gehe nicht bei Rot über die Ampel“ -> Das Ergebnis ist in beiden Fällen implizit gegeben. Hält man sich an die Regel, ist alles gut. Hält man sich nicht dran, ist es womöglich nicht so gut). Auch hier die Analogie für Tau.
Meines Wissens nach gilt für solche Grenzspannungen sigma_zul immer sigma = Spannung_maximal / Sicherheit. Die Sicherheitsbeiwerte gelten entweder allgemein oder aber es gibt ein entsprechendes Tabellenwerk. Sie sind größer als 1 (sofern man in der Formel durch den Sicherheitsbeiwert teilt!) und bewegen sich meistens im Rahmen zwischen 1 und 3 (wobei 3 schon eine sehr große Sicherheit wäre). Du beschreibst diesen Sicherheitsbeiwert als S_min. „Spannung_maximal“ ist die Spannung, die dein Körper wirklich maximal aushält. Wahrscheinlich findest Du diesen Wert als Kennwert in einer Tabelle (oder im Studium in der Aufgabenstellung). Ich vermute, dass bei Dir „Spannung_maximal“ mit sigma_D beschrieben ist (Komponente 4). Analog gelten die Aussagen für Tau.
beta_k beschreibt die Kerbwirkungszahl (Komponente 5). Die Kerbformzahl ist alpha_k. beta_k wird näherungsweise mit alpha_k berechnet, aber anscheinend hauptsächlich empirisch ermittelt. Es könnte daher gut sein, dass es dafür Tabellen gibt oder Ihr an anderer Stelle die Berechnung in der Vorlesung besprochen habt.
Zu Komponenten 2 und 3 kann ich Dir nicht viel Zusätzliches sagen. Für das Anstrengungsverhältnis braucht man die Grenzspannungen (bei Dir zulässige Spannungen). Mehr dazu habe ich ja oben geschrieben. Mit einem Blick auf Dein Foto sieht man, woher/wie man sigma_zul erhält. Für tau_zul gilt vermutlich eine sehr ähnliche Formel.
Zu Komponenten 6-9 und F3-F6 kann ich Dir nicht so viel sagen, da die Indizes teilweise schlecht lesbar sind und mir als Fachfremder die Bezeichnung der Beiwerte nicht geläufig ist. Ein bisschen mehr „drum herum Info“ bzw. Kontext wäre hilfreich. R_p ist i.d.R. die Streckgrenze und R_m die Zugfestigkeit eines Körpers. Aber vielleicht benutzt dein Prof die Indizes auch anders.
So, viel mehr kann ich Dir erstmal nicht zu dem Thema sagen. Im Großen und Ganzen habe ich mich nun schon einige Zeit nicht mehr mit Mechanik beschäftigt und auch mit etwas Vorwissen musste ich mich einige Zeit ins Thema hineinarbeiten. Das ist alles kein Hexenwerk und (meiner Meinung nach) keine besonders komplizierte Angelegenheit (mit Blick auf Klausuraufgaben). Ich empfehle Dir ein entsprechendes Lehrbuch (schau mal in der Bibliothek des Fachbereichs/Instituts oder in der zentralen Unibibliothek) anzuschauen. Bestimmt hat der Prof etwas empfohlen, wahrscheinlich gibt es auch weitere Bücher zu dem Thema. Weiter kann ich, wie gesagt, empfehlen das Gespräch mit dem Prof zu suchen (vielleicht gibt es eine Sprechstunde, ansonsten per Mail um einen Termin bitten), in der Vorlesung nachzufragen oder einen Tutor (falls vorhanden) zu kontaktieren.
Wie dem auch sei: Ich hoffe, dass Dir meine Erläuterungen etwas weiterhelfen und Dich nicht verwirren. Falls weitere Fragen kommen, versuche ich sie gern zu beantworten.
Beste Grüße und viel Erfolg
Wraith