Halloween 2018: Tagebucheintrag 2

Noch 67 Tage bis zur Ankunft in Kryta im Jahr 506 nach der Verbannung in die Nebel


Liebes Tagebuch,


heute war es einmal notwendig, meine Werkstatt zu putzen. Man kann sich nicht vorstellen, wie viel undefinierbares Zeug sich im Laufe der Zeit in den Ecken ansammelt. Allein die Krusten aus abgebröckeltem Candy-Corn und die Reste freier Magie sind eine echte Herausforderung. Glücklicherweise hatte ich noch ein paar Orichalcum-Spitzhacken vom letzten Jahr übrig. (Immer, wenn der Hof der Verrückten in Löwenstein weilt, kaufe ich mir etliche von den Dingern. Alles andere versagt gegen dieses diamantharte Zuckerzeug.)


Ich kehrte gerade eine weitere Ecke aus und fegte die Brösel auf den asuragroßen Dreckhaufen in der Mitte meiner Werkstatt, als es klopfte. Ein höfliches und zurückhaltendes Klopfen wohlbemerkt, welches einen Großteil der Wesen am Hof der Verrückten ausschloss. Außerdem trat niemand ein. Neugierig geworden legte ich den Besen zur Seite und öffnete die Tür. „Darf ich eintreten, um mit dir ein paar Worte zu wechseln?“, frage mich der Herold Bruce. Natürlich, ich hätte es ahnen sollen. Er ist so ziemlich der Einzige am Hof, der tatsächlich über Manieren verfügt – abgesehen von mir, versteht sich. Allein das ist ein Grund, warum Bruce vielen unsympathisch ist, wobei das auch daran liegt, dass er als intriganter Speichellecker gilt, der bereits etliche Schicksale am Hof auf dem Gewissen hat. Ein Vorzeigediplomat für unseren KÖNIG also.


„Komm rein und pass auf, dass du nicht an den Zuckerklumpen festklebst. Die Magie in den Dingern hält dich die nächsten Hundert Jahre am Boden fest“, warnte ich ihn und wies ihn, sich zu setzen.


„Es geht um deine Arbeit gestern“, ließ Bruce die Skritt aus der Kiste.


Was war damit? Dank der Hilfe des Charrjungen hatte ich die Candy-Corn-Knoten in Aschfurt vermutlich in Rekordzeit aufgestellt, seit Beginn der Kalenderaufzeichnung hier am Hof. Und dass ich dem Charr schließlich einen kleinen dauerhaften Candy-Corn-Knoten für seinen Vorgarten als Lohn für seine Dienste gegeben hatte, dürfte niemandem aufgefallen sein. Außer meiner Wenigkeit interessierte sich doch absolut niemand dafür, wie viele von den Dingern hier noch herumstanden und einstaubten.


„Du warst zu schnell fertig“, erklärte Bruce mir und grinste dabei. Bis dahin war der Mann mir noch sympathisch gewesen. Erzählte mir etwas davon, dass er recherchiert hätte. Bei Leuten, die sich mit Magie und Überwachungssystemen auskennen und so. Dann hielt er mir ein Stück Metallplatte unter die Nase, auf der das geätzte Bild meiner Wenigkeit auf dem Rücken eines dürren Charr zu erkennen war. Auf dem Bild sah das Junge noch dürrer und verwachsener aus, als ich es in Erinnerung hatte.


„Du weißt, was es bedeutet, wenn Zivilisten aus der Welt der Lebenden von Tyria uns vor der Zeit sehen?“


Ich hasse dieses scheinheilige Pockengesicht von einem Menschen! Natürlich weiß ich das! Wenn die Tyrianer mitbekommen, dass es einigen geringen Angehörigen des Hofs der Verrückten möglich ist, bereits zwei Monate vor der Zeit nach Tyria zu kommen, würde sofort jeder halbwegs ambitionierte Asura einen Weg suchen, uns alle gleich ganz auszusperren.


„Was willst du, Bruce?“, fragte ich ihn, denn dass er etwas wollte, war klar. Ansonsten wäre Bruce nicht zu mir in die Werkstatt gekommen, sondern hätte mich mit seiner Anklage gleich vor den Hof gezerrt. „Einen Gefallen.“ – Genauer gesagt, dass ich ihn in nächster Zeit zu Diensten sein würde.



Was sollte ich machen? Ich brauchte diese Druckplatte, ansonsten wäre mein Ruf am Hof nachhaltig ruiniert. Der einzige Trost war, dass der Herold auf dem Weg aus meiner Werkstatt in einen kleinen Haufen Zuckerzeug trat und den Rest des Weges in seine Gemächer barfuß zurücklegen musste.

Der Zeitraum für diese Aufgabe ist abgelaufen.