Noch 45 Tage bis zur Ankunft in Kryta im Jahr 506 nach der
Verbannung in die Nebel
Liebes Tagebuch,
ich stecke in der Kloake! Und zwar bis über beide Ohren.
Das, was niemals, unter keinen Umständen hätte passieren dürfen, ist passiert
und nun wissen die Nebel allein, was die Folgen sein werden. Der Chefkoch
zumindest ist schwer wütend auf mich und dass diese Vierteltonne Charr bereits
tot und ein Geist ist, ändert leider nichts daran, dass er absolut
furchteinflößend ist!
Aber beginne ich am Anfang: Wie in jeder freien Minute arbeitete ich in
meinem Labor und war dabei, einen Haufen quirliger Kreaturen, die ihrem neuen
Aufgabenfeld nur wenig Liebe entgegenbrachten, in den alten Mini-Maker 3000 zu
treiben. Die verzauberten Abbilder unseres geliebten und allseits
wertgeschätzten KÖNIGS THORN haben es dabei jedoch in sich – man könnte sagen,
sie erweisen ihrem Vorbild jede Ehre, bevor sie endlich gezähmt werden können.
Heute hatte ich mir ein ganzes Rudel dieser kleinen Wahnsinnigen vorgeknöpft
und war fast fertig mit ihnen. Bis auf einen waren alle bereits in der Kiste
mit ihren Mini-Artgenossen verschwunden, als Edelfrau Acreni mein Labor
betrat und die Tür dabei offenstehen ließ. Ich konnte kaum ein: „Mach die
verfluchte Tür zu!“, rufen. (Das ist wörtlich und keinesfalls als Schimpfwort gemeint.
Die Tür zu meinem Labor ist verflucht, anderenfalls würde mir ständig irgendein
Elementar- oder Höllenhundableger meine Tür zu Kleinholz verarbeiten, um
dann abzuhauen.)
Acreni grinste bloß, als das verzauberte Abbild unseres
HERRN auf sie zu rannte und durch die Tür schlüpfte. Hatte ich mir das nur
eingebildet oder hatte diese Ausgeburt von einem Oger und einer Skritt dem
flüchtenden Abbild tatsächlich die Tür noch ein Stück geöffnet? „Ups“, sagte
Acreni nur und grinste noch breiter, was bei ihrem blutig geschminkten Gesicht
nie ein erhebender Anblick ist. „Aber warum ich zu dir komme, mein Lieber …“
„Ich komm dir auch gleich! Raus aus meinem Labor!“, keifte
ich und konnte nur mühsam meine Panik verbergen. Immerhin gehorchte diese
unsägliche Edelfrau und verschwand wieder, als ich an ihr vorbei aus meinem
Labor rannte, dem flüchtenden Abbild von OSWALD THORN nach.
Ich fand das kleine
Monstrum endlich beim Chefkoch, wo es gerade die Küche fachgerecht
auseinandernahm. Der Küchenjunge lag bereits in der Feuerstelle und versuchte
sich zu löschen, ein Küchenmädchen versuchte beherzt, das Abbild zu fangen,
verlor dabei das Gleichgewicht und fiel auf einen Mehlsack, der daraufhin in
einer weißen Wolke platzte. Die anschließende Mehlstaubexplosion hätte jedem
Asura vom Kolleg der Dynamik vor Neid die Tränen in die Augen getrieben. Ein
gackerndes Lachen hallte durch das Chaos, denn das verzauberte Abbild des
VERRÜCKTEN KÖNIGS hatte die Katastrophe leider nahezu unbeschadet überstanden.
Und die Küchenhilfen? Vermutlich dürften die ihren Dienst demnächst als Geister
antreten. Der Chefkoch brüllte vor Wut, sprang mit einem Satz über
sein zerstörtes Küchenmobiliar und zog dem kleinen KÖNIG THORN die Eisenpfanne
über den Kürbisschädel. „DU!“, brüllte er und warf mir das bewusstlose Abbild
zu. So im Koma sah dieses Ding doch eigentlich ganz harmlos aus – nur der
verbogene Zacken in der Krone und der angesengte Mantelsaum zeugten von seinen
Untaten. „Das ist dein Geschmeiß! Dafür wirst du gradestehen!“
Und so kam es, dass ich für den Rest des Jahres in der Küche
des Chefkochs meinen Dienst ableisten muss. Achso, wer auch immer ein Mini
unseres HERRN mit den erwähnten leichten Beschädigungen findet – seid so nett und
zieht diesem Biest vielleicht noch einmal eines mit einem schweren Gegenstand
über. So als Dankeschön.