Irgendwann hatte Cirro aufgehört, all die Jahre zu zählen,
die seit der Verbannung verstrichen waren. Es war sowieso ohne jeden Sinn, da
jeder Tag wie der vorherige war und auch der nächste nicht anders sein würde.
Dabei war es nicht einmal seine Schuld gewesen. Wenn man es genau nahm, war es
die Schuld einiger Weniger gewesen – nämlich die des Verrückten Königs und den Teilen
seiner Familie und Gefolgschaft, die ebenfalls diesem grausamen Wahnsinn
anheimgefallen waren. Warum hatte man nicht allein diese Irren verbannen können?
Warum war er verbannt worden, als Sohn einer Dienstmagd in den Küchen am Hof
von König Thorn?
„Träumst Du schon wieder?“
Die Stimme von Rijja riss Cirro aus seinen Gedanken. Dieser
seltsame kleine Kerl mit seinen verschrobenen Ansichten über ihre Welt musterte
Cirro aus blassen Augen und seufzte. „Menschenkind, Du denkst jeden Tag
über Dein Los nach, anstatt zu helfen, es womöglich zu beenden.“
„Wir sind doch alle Verbannte. Wie sollen wir daran etwas
ändern?“
Das Lächeln des kleinen Asuras offenbarte eine Reihe spitzer
Zähne. Dieses seltsame Geschöpf war schlau und gebildet, wie Cirro inzwischen
wusste. Ständig bastelte und schraubte Rijja an irgendetwas herum – meist mit
dem Ergebnis, dass Rijjas Erfindung unter lautem Fluchen ihres Schöpfers
explodierte. Hin und wieder jedoch kam etwas dabei herum und dann dauerte es
nicht lange, bis König Thorn darauf aufmerksam wurde und sich mittels königlichen Erlasses diese Erfindung kurzerhand unter den Nagel riss.
„Indem wir unsere Gefängnisdimension erforschen und
verstehen. Und dann kann ich etwas bauen, was uns zurückbringt.“
Cirro riss die Augen auf. „Du kannst die Verbannung
aufheben?“
Verlegen scharrte Rijja mit seinen kleinen Füßen auf dem
Boden herum. „Nicht ganz. Ich weiß, wie es geht, und ich habe einen multiinterdimensionalen
Sphärentranslokator – kurz MIST – gebaut. Leider fehlt mir aber ein Teil zur Vervollständigung.“
„Und welches?“
Rijja lächelte schmal. „Etwas aus Tyria. Ich kann meinen MIST
nicht programmieren, ohne ihm etwas zu geben, mit dem er weiß, wohin er uns
eigentlich bringen soll.“
Fragend sah Cirro den Asura an und zuckte nur mit den
Schultern. Wenn Rijja über seine Erfindungen sprach, dann war es oft unmöglich,
ihm zu folgen. Schließlich seufzte Rijaa. „Das Ding braucht einen Kompass.
Ansonsten könnten wir überall landen.“
„Achso.“
„Wenn Du also rein zufällig an irgendetwas gelangen
könntest, das aus Tyria kommt …“, seufzte Rijja und winkte schließlich ab. „Was
soll's? Woher kannst Du schon Dinge aus Tyria haben?“
„Was bräuchtest Du denn?“, fragte Cirro trotzdem und
bewunderte Rijja für seinen Erfindergeist und all das Wissen, welches sich der
kleine Asura irgendwie zwischen seinen Schlappohren merken konnte.
„Egal. Irgendwas. Vorzugsweise etwas aus bewohntem Gebiet.
Ein Stein aus einem Vulkan würde zwar auch funktionieren, aber dann hätten wir
bei unserer Ankunft in Tyria andere Probleme. Aber davon abgesehen ist mein
MIST ganz sicher die größte Erfindung aller Zeiten!“
„Ja, alle Deine Erfindungen sind ganz großer Mist!“, knurrte
eine Stimme hinter Cirro und ließ ihn zusammenzucken. Hinter ihnen stand
plötzlich der Blutige Prinz und lachte. „Rijja der große Ingieneur hat also
einen Haufen Mist gebaut und prahlt damit, dass – ja was eigentlich? Was soll Dein Mist genau können, Asura? Sprich!“
Rijja quietschte. „Also, mein M I S T ist ein
multiinterdimensional…“
„Ja, Mist halt! Du langweilst mich, Asura. Und wenn ich
gelangweilt bin, überkommt es mich immer, Papas Labyrinthschreck zu füttern.“
„Äh, ja, also … Ich habe ein Gerät gebaut, das den gesamten
Hof Eurer väterlichen Durchlaucht zurück nach Tyria bringen kann. Es fehlt nur
noch ein kleines Detail.“