Halloween 2019: Kapitel 3 – Von einem irren Monarchen und dem Fluch eines Jungen

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Dafür, dass dies ein Schloss zwischen den Welten war, wirkte all das erstaunlich gewöhnlich und normal. Vor allem aber war alles in diesem Gemäuer uralt. Besonders die zahlreichen Bilder an den Wänden erzählten in verblichenen Farben die Geschichten stolzer und längst vergessener Adliger der Menschen.

Immer wieder hatte Syrin den Eindruck davonhuschender Schatten, sobald sie und Elna ein neues Gemach oder einen weiteren Saal betraten. Was hauste hier? War hier überhaupt irgendetwas oder narrten einzig Hirngespinste Syrins Sinne? In diesem Schloss konnte durchaus der Eindruck entstehen, dass das alte Gemäuer selbst eine kuriose Art von Lebewesen war. Da war dieser seltsame, stille Wind, der die Nebelschwaden an den Fenstern vorbeitrug, ohne dass sich in den Gärten hinter dem Glas auch nur ein Blatt bog. Oder das Raunen und Seufzen in den Gängen, von dem unmöglich zu sagen war, ob es vom Schloss selbst kam oder von irgendeinem mysteriösen Bewohner.


„Ein König sitzt in seinem Schloss,

Hält Hof von seinem hohen Ross.

Tick, tack, die Uhr im Turm,

Spring schnell, Du kleiner Wurm!

Der König sitzt auf seinem Thron

Und stänkert ständig mit dem Sohn.

Eins, zwei, drei, ein Schreck!

Pass auf, sonst bist Du weg!“


„Ich höre was“, knurrte Syrin möglichst leise und legte Elna ihre Pranke auf die Schulter. Angestrengt lauschte die kleine Menschenfrau nun ebenfalls in die Gänge hinein und schließlich stand erkennbare Verwirrung in ihrem Gesicht. „Das klingt wie ein Kinderreim.“

„Ein Gedicht für Menschenkinder?“

Elna nickte. „So in der Art. Aber das heißt, hier gibt es ein Kind.“

Oder etwas, das so tat als ob. „Gehen wir hin“, knurrte Syrin und ging der Stimme entgegen. Falls Elna Einwände hatte, behielt sie diese für sich. Schließlich betraten sie ein weiteres Zimmer und tatsächlich hockte in der hintersten Ecke ein Menschenjunge auf dem Boden und schien vertieft in sein Spiel mit kleinen Zinnfiguren.

„Hallo. Kannst Du uns sagen, wo wir hier sind?“

Der Junge sah auf und Verwirrung stand in seinem Gesicht. „Im Schloss des Verrückten Königs, wo sonst? Und wo seid Ihr her?“

Bevor Syrin Elna zurückhalten konnte, plapperte diese munter drauf los. „Mein Dorf liegt bei Ebonfalke, in den Feldern der Verwüstung und Syrin hier kommt direkt aus der Schwarzen Zitadelle.“

Ein unwilliges Knurren war alles, was Syrin dazu sagte, doch der Junge beachtete sie nicht.

„Ihr kommt aus Tyria?“

„Nein!“

„Woher sollen wir sonst kommen?“, fragte Elna und am liebsten hätte Syrin ihr für ihr loses Mundwerk und unbedachtes Geplapper den Kopf abgerissen. Wäre da nicht die schwere Schuld gewesen, die Syrin gegenüber ihrer Gefährtin empfand. Elna hatte Syrin bei sich aufgenommen und gepflegt, als ihr Tribun sie verstoßen und zum Gladium erklärt hatte. Vermutlich hätte sie ohne Elna nicht einmal überlebt und es war ihre Idee gewesen, Syrin ihre Ehre zurückzugeben, indem sie sich bei einer Heldentat in den Nebel bewies. Leider sah diese Mission bisher eher wie eine einzige Enttäuschung aus.

„Ihr könnt uns helfen, der Verbannung zu entkommen!“, plapperte der kleine Junge plötzlich drauf los und im Gesicht des kleinen Menschen stand auf einmal pure Freude.

„Verbannung?“, frage Elna.

„Warum wurdest Du verbannt?“ Sofort spürte Syrin das Misstrauen einer guten Soldatin in sich aufsteigen. Was wussten sie denn über diesen Menschenjungen? Mochter er auch noch so harmlos aussehen, die Sache roch nach Ärger – wie dieses ganze verfluchte Schloss!

Der Junge starrte betreten auf den Boden. „Der Verrückte König wurde aus Tyria verbannt, weil er böse war. Sein gesamter Hof ist mit ihm verbannt worden und damit auch meine Mutter und ich. Und nun sitze ich hier fest.“

Wunderbar. Verrückter König klang ganz nach etwas, das besser da blieb, wo es war. „Wir können Dir nicht helfen!“, meinte Syrin bestimmt und zog zugleich Elna zurück, die ein Gesicht zog, als würde sie die Sache anders sehen.

„Syrin …“

„Nein! Verrückter König klingt nach etwas, was wir nicht in Tyria haben wollen! Wir haben genug Wahnsinnige bei uns!“ Das Machtwort war gesprochen und glücklicherweise schien Elna das einzusehen. „Tut mir leid. Dir würde ich gerne helfen, aber was Deinen König betrifft, hat Syrin wohl recht.“

Betreten sah der Junge zu Boden, als Syrin Elna an der Schulter packte und sie von dem Jungen fortschob. „Wir sollten gehen, Elna. Die Geisterstunde ist bald um und wir haben bis nach draußen noch ein Stück zu laufen.“

Zügig und ohne noch einmal auf ein Lebenszeichen von irgendwem zu stoßen, zerrte Syrin Elna hinter sich her. Sie wollte bloß raus hier aus diesem Geisterschloss! Verrückte Könige, die irgendwann einmal verbannt wurden – das klang unheilvoll! Als sie endlich wieder draußen in der Mondnacht Tyrias standen, schnaufte Syrin tief durch. Also lebte in diesem Geisterschloss tatsächlich etwas, das offenbar gefährlich genug war, dass irgendwer eine nicht unerhebliche Mühe aufgewendet hatte, um es zu verbannen. Mochte es nun ein Verrückter König sein oder sonst etwas. Ascalon hatte schon einmal gezeigt, welchen Schaden …

„Meine Mütze ist weg!“

Völlig aus den Gedanken gerissen, starrte Syrin zu Elna herunter. „Was?“

„Ich muss meine Mütze im Schloss verloren haben.“ Betreten klopfte Elna ihre Taschen ab und verzog das Gesicht, als sie damit begann, sich ihren Schal bis über die Ohren um den Kopf zu wickeln. „Mist! Oma hat sie mir aus Löwenstein mitgebracht.“

Syrin schnaubte, dass weiße Dampfwölkchen aus ihrem Maul stoben. „Egal. Die Geisterstunde ist gleich vorbei und dieses Schloss verschwindet wieder in den Nebeln. Sei immerhin froh, dass Du unbeschadet hier draußen bist, anstatt da drin.“

Rätselfrage

Der Halloween-Brauch stammt ursprünglich aus …

Der Zeitraum für diese Aufgabe ist abgelaufen.