Soweit ich das sehe, kritisierst du in deinem Eröffnungspost die Spieler, nicht das Spiel. Mit Verlaub, damit bellst du den falschen Baum an. Das, was die Spieler sagen, ergibt sich direkt aus dem, was sie im Spiel vorfinden. Es ist anmaßend zu sagen, sie hätten eine fehlerhafte Auffassung was das Spiel angeht.
Verantwortlich für die Gestaltung des Spiels und auch für die Gestaltung der Spielerschaft ist ausschließlich der Hersteller. Wenn durch das Marketing Spieler angelockt werden, für die das Spiel gar nichts ist, dann war das Marketing falsch. Und wenn das Spiel durch eine Erweiterung in eine Richtung verändert wird, die nicht zu der etablierten Spielerschaft passt, dann ist die Erweiterung falsch gebaut. So ist das nämlich in Wirklichkeit.
Der Spielerschaft vorzuwerfen sie hätte eine falsche Auffassung vom Spiel ist unter diesen Gesichtspunkten ganz unangemessen. Ich sag das mal so: der Kunde hat immer Recht. Die Gestaltung von Änderungen als Reaktion auf Rückmeldungen seiner Kundschaft bleibt die ureigenste Domäne des Herstellers, aber nichtsdestotrotz muss er auf die Rückmeldungen eingehen, und nicht die Spieler müssen ihre Rückmeldungen anpassen.
Wenn die Spieler das nämlich tun sollen, und der Hersteller tut es nicht, dann werden die etablierten Spieler mit den Füßen abstimmen und zu Spielen wechseln, die ihnen Spaß machen. Oder zumindest von denen sie glauben, dass sie ihnen mehr Spaß als GW2 machen, denn GW2 ist ab diesem Moment für sie verbrannt. Es bleibt dann die Aufgabe des Herstellers, seine Werbung entsprechend anzupassen und sich einer neuen, anders gearteten Spielerschaft anzudienen.
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So, nach dem generellen Statement jetzt dann noch meine konkrete Kritik an der Kritik der Kritik.
Ihr mißversteht Grind und wiederholte Tätigkeiten als "herausfordernde Aufgabe". Seht ihr nicht, in welche Richtung das Spiel geht? Ein nur höchstens die Hälfte der Erweiterung umfassender Bereich befasst sich wirklich mit dem gameplay, und zwar dem Rausgehen in die Welt und sie erleben. Das sind die neuen Gebiete.
Womit befasst sich der ganze andere Teil? Es ist ein riesiger Moloch aus pyramidenartigen Sammlungen und Tätigkeitsaufträgen, an deren Spitze jeweils ein glänziger Gegenstand sitzt. Die Ebenen der Pyramide verschleiern den gigantischen Grind, der erforderlich ist, sich durch die Aufgaben durchzuklicken. Auf der ersten Ebene gehts ja noch, meint man. Auf der nächsten Ebene dann doppelt soviel - geht auch, meint man, die Hälfte hat man ja schonmal geschafft. Und die dritte Ebene nochmal doppelt soviel, und auch hier beißt man sich durch, weil die eine Hälfte davon hat man ja auch schonmal gemacht. Um einen draufzusetzen, gibt es darüberhinaus sogar Pyramiden, die auf anderen Pyramiden aufbauen.
Aber von diesen Pyramiden gibt es viele! Was bieten die an Gameplay? Null! Nichts! Die Gebiete und Events sind auch ohne sie da. Es sind unwirkliche, unnatürliche Mechaniken, um den Spielern die Karotte vorzuhalten und sie irgendwie zu beschäftigen, mit hirnlosen, immer wiederkehrenden Tätigkeiten. Das ist die ur-Definition von Grind. Das ist das, was bei den Arenanet-MMOs bisher wohltuend anders als bei all den anderen MMOs war: die Abwesenheit von seelenlosem Grind.
"Langzeitprojekte"? Bullshit. Beschäftigungstherapie! Das sind Drogen, um die Spieler zu sedieren, damit sie nicht merken, mit was für Müll sie abgespeist werden.
Mit Anspruch oder Herausforderung hat das nichts zu tun. Punkte sammeln und Laufzettel abhaken war noch nie heroisch. Wer das tut beweist nur, dass er die Hartnäckigkeit besitzt, auch völlig sinnlose, künstliche, langweilige, immer wiederkehrende und völlig abgenudelte Dinge immer und immer weider zu wiederholen. Spielerisch-anspruchsvoll gesehen ist das aber völlig belanglos.
Nehmen wir die Fraktale: Anstatt ein paar Monate lang ein paar neue, nette Fraktalinstanzen zu designen, wurden in der Zeit unzählige Sammlungen aufgelegt und eine Reihe umgefärbter Skins produziert, inkl. Schranke davor, die erst wegzuspielen ist. Aber hat sich in den Fraktalen spielerisch wirklich etwas verändert? Nicht wirklich. Es sind dieselben Instanzen wie seit 2 Jahren. Im Detail wurde ein klein wenig geschraubt, lang erwartete und lange vermißte Balance-Änderungen waren das, aber nichts, was einer Erweiterung für 40 Euro würdig wäre.
Dann die neuen Gebiete: da hat sich Arenanet selbst ins Knie geschossen. Um wirklich Spaß in den Gebieten zu haben, braucht man in letzter Konsequenz alle Beherrschungen. Wo kann man die Beherrschungen erspielen? Nur in den neuen Gebieten. Machen die neuen Gebiete Spaß? Nur mit den neuen Beherrschungen. Macht es deshalb Spaß, die Beherrschungen zu erspielen? Nein! Man quält sich so durch und gibt es auf, an nahe gelegene Event-Orte reisen zu können, weil er ohne passende Beherrschung unzugänglich ist.
Das weniger werden des Frusts, das weniger werden der Einschränkungen wird dann als "Progression" verkauft. Wisst ihr, was das ist? Bullshit! Ich will nicht durch ein Tal des Frusts laufen, um irgendwann in 1-2 Monaten das Spiel so spielen zu können wie es gedacht ist, mit allem Spaß der damit verbunden ist. Ich will auch jetzt schon Spaß haben, denn dazu habe ich das Spiel gekauft. Frust, Entsagung und was-wäre-wenn-ich-erst kann ich auch im echten Leben zur Genüge haben.
Diese Barriere wird von vielen Spieler nicht durchdrungen. HoT wird von ihnen nicht weiter besucht. Das ist nicht etwa, weil sie zu weich wären eine hohe Anforderung nicht zu erfüllen - nein, sie sehen es vielmehr so, dass sie schlicht und ergreifend ein Spiel nicht spielen wollen, das es ihnen erst nach künstlichen Verrenkungen und Verzögerungen ermöglicht, es so spielen zu können wie es gebaut wurde, und in der Wartezeit immer vor Augen zu haben was ihnen alles entgeht. Man ist ja durchweg von unerreichbaren Helden/Beherrschungspunkten, Orten, Events, Belohnungen entfernt und sucht und sucht vergeblich und gefrustet nach einem Weg, nur um später festzustellen, dass man mit der entsprechenden Beherrschung dort einfach hätte hinfliegen können und man sich das ganze fruchtlose Gesuche einfach hätte sparen können.
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Fazit:
Guild Wars 2 ist mit HoT in letzter Konsequenz bei den schon erledigt geglaubten Grind-MMOs angekommen, bei denen nicht Inhalt und spielerische Substanz das wichtigste Merkmal des täglichen Spielens sind, sondern Persistenz, Ausdauer und gebetsmühlenartige Wiederholung, um einen Moloch von Listen und bodenlosen Gegenstands-Senken zu befüllen, um den letzten Haken in einer Liste zu erhalten.
Das hat kein spielerisches Niveau.
Ich danke fürs Lesen der wall-of-text...